Landrat Bernhard Bramlage Rosina Zierleyn-Schönfeld Dr. Lübbert Haneborger
Ansprache zur Gedächtnisausstellung Erich Schönfeld, im Rathaus Moormerland,
am 09.02.2014, 11.15 Uhr vom Laudator, Dr. Lübbert Haneborger
Kaum zu glauben, meine sehr verehrten Damen und Herren, aber auch Künstler haben sich seit der Renaissance oft nicht gerade zimperlich gezeigt, wenn es darum ging, sich auf dem Kunstmarkt zu behaupten und das tägliche Brot zu verdienen.Schließlich galt es, die gleichwertige oder, schlimmer noch, die weitaus kunstfertigere Konkurrenz zu schmähen und besser noch bald in Vergessenheit geraten zu lassen.
Als beispielsweise die Impressionisten längst auf der Bühne der Kunstgeschichte angekommen waren, bemerkte der zeitgenössische Künstler, Kunsttheoretiker und Romanautor Emile Bernard missbilligend:
„Wir müssen zugeben, dass der Impressionismus nichts Wertvolles hervorgebracht hat. Degas ein Versager, Monet ein Landschaftskonditor, Renoir ein Porzellanmaler, der am Ende seines Lebens nur noch von den Ungeheuern und vom Kommerz umgeben war!“Und selbst unter Künstlerfreunden wurde man oft recht deutlich. Edouard Manet etwa schrieb in einem Brief an Claude Monet:
„Monet, Sie sind mit Renoir befreundet. Raten Sie ihm doch, einen anderen Beruf zu ergreifen. Sie sehen ja selbst, die Malerei liegt ihm nicht!“
Was jedoch, sehr verehrter Herr Landrat Bramlage, sehr geehrter Bürgermeister Lücht, liebe Frau Zierleyn, liebe Kunstfreunde, was jedoch tut ein Künstler, dem diese Scharfzüngigkeit und diese inhaltliche Lautstärke nicht in die Wiege gelegt wurden? Droht er von vorneherein in Vergessenheit zu geraten, wenn er sich in Bescheidenheit und in der Auseinandersetzung mit der ihn umgebenden Wirklichkeit übt und nicht mit aller Vehemenz des Widerstreits auf sich aufmerksam macht?
Diese Fragen zu beantworten, bedeutet zugleich über die Besonderheit und (zweitens) den Hintersinn der heute beginnenden Gedächtnisausstellung für einen im Landkreis Leer in der Nachkriegszeit für Jahrzehnte sehr engagierten und angesehenen Maler und Experten der Schwarzen Kunst nachzudenken.
Ich jedenfalls stelle mir nach allem, was ich über ihn gelesen, was ich per Tonbandaufnahme aus seinem eigenen Munde gehört und was ich in seinem künstlerischen Nachlass erblickt habe, den Künstler und Wahlostfriesen Erich Schönfeld, zu dessen Ehren wir hier zusammengekommen sind, als genau so einen Menschen der leisen Töne vor. Als einen Mann, der aufgrund seiner fundierten akademischen Ausbildung und seines Geprägtseins durch die zeitgenössischen Vorbilder ein Bewusstsein für sein künstlerisches Tun und Handeln besaß. Als einen Künstler, der um den Widerstreit zwischen klassischer Linie und der zu seiner Zeit längst etablierten Farblicht-Malerei wusste, und gerade diesen Widerstreit in seinen Bildern immer aufs Neue, mal mehr in die eine, mal mehr in die andere Richtung entschied, ohne dabei die Balance des Bildes aus dem Blick zu verlieren.
Was hätten ihn da schon kritische Stimmen, wie die eben gehörten, anfechten können? Er hatte längst sein künstlerisches Spannungsfeld gefunden. Denn „ein Künstler, der darauf verzichtet, das Unsichtbare, (nämlich) das, was hinter der Erscheinung liegt, vermittels der Darstellung der Wirklichkeit auszudrücken, ist kein Künstler“, wie es Max Liebermann, eines der Vorbilder Erichs Schönfelds einmal so schön auseinanderlegte.
Ohne Zweifel sind es nicht allein die Themen, die Schönfeld und sein Werk charakterisieren. Vielmehr zählt zu den Kennzeichen seiner Kunst das von Liebermann angedeutete atmosphärische Zwischen – diese besondere Begabung, das Wechselspiel von Licht, Schatten und Witterung, „Seele und Gemüt“ dem Betrachter stimmungsvoll und zugleich lebendig zu schildern. So oft stiftet dieser atmosphärische Raum zwischen den Betrachter und den Bildinhalt eine poetische Spannung – eine Spannung, die die beobachteten und die erlebten Außensituationen zugleich in gefühlte Bilder verwandelt.
Die Zuneigung zu seinen Bildgegenständen ist – um mit Schiller zu sprechen – deutlich in Schönfelds Sorgfalt zu spüren, betrachten wir seine Materialien, seine Kompositionen und seinen Vortrag
Gestern vor genau 110 Jahren kam Erich Schönfeld als achtes Kind des Konditormeisters Karl-Wilhelm Schönfeld und seiner Frau Minna in Berlin-Wedding zur Welt, wo seine Eltern eine Kaffeestube und ein Eiscafé betrieben. Schon im Alter von 15 Jahren besuchte er die Unterrichtsanstalt des staatlichen Kunstgewerbemuseums in Berlin. Als junger Mann war er Stammgast auf der Galerie des Theaters am Gendarmenmarkt. Dort gab es für eine Mark klassische Bühnenwerke zu erleben und als Zugabe spannende Hintergrundszenerien, die seinen Wunsch nährten, die Bühnenmalerei zu erlernen.
Fleiß und Gabe ebneten Schönfeld – zeitweilig als Stipendiat – den Weg an die Freie Akademie der Künste in Berlin, wo er vermutlich im Oktober 1921 in die Klasse des seinerzeit bekannten Professors Emil Orlik gelangte, bei dem er Malerei und Grafik studierte, bevor er schließlich dessen Meisterschüler wurde.
Für die aus einer meisterhaften Zeichnung hervorgegangene Kupferradierung „Das Fenster“ aus dem Jahre 1922, die eine schlichte Topfblume und den Blick auf Häuser in einer Berliner Straße – in der Konzentration und visuellen Armut der Neuen Sachlichkeit – zeigt, erhielt Schönfeld den ersten Preis in Orliks Akademieklasse. Weitere Preise und Anerkennungen sollten folgen.
In einem 30 x 20 cm großen Selbstbildnis aus dieser Zeit charakterisiert sich der junge Künstler als einen gespenstischen Seher und wachen Chronisten seiner Zeit. Klare Schraffuren und markante Kontraste formen in dieser Bleistiftzeichnung das Konterfei des Studenten, während er fünf Jahre später in zwei tonig-atmosphärischen Radierungen Porträts seiner Eltern entwirft, die in ihrer abgewandten Gestalt zugleich Reflexe auf die Beschwernisse und die düster-undefinierbare Zukunft einer ganzen Nachkriegsgeneration der kleinen Leute zeichnen.
Die sieben Akademiejahre beeinflussten den jungen Künstler sehr und er wertete sie später als die, so wörtlich, „glücklichsten Jahre“ seines Lebens. Dies vielleicht und insbesondere auch deshalb, weil er in den sogenannten „Goldenen Zwanzigern“ der deutschen Kulturmetropole Berlin zugleich Kunstgrößen wie die Impressionisten Max Liebermann, Max Slevogt, Lovis Corinth, den Kiezmaler Heinrich Zille und die politisch engagierte Grafikerin Käthe Kollwitz noch hautnah erlebte. Sie prägten mit ihrer Manier deutlich seinen Stil und seine künstlerische Weiterentwicklung – wie wir im Weiteren noch sehen werden.
Nach dem Studium entwirft Schönfeld ab 1927 zunächst Kulissen für das Berliner Schauspielhaus und wird zugleich langjähriger Mitarbeiter der UFA. Als Grafiker und Trickfilmzeichner führte er in dieser Zeit unter anderem für Spielfilme wie „Der Kurier des Zaren“ oder „Der Draufgänger“ (mit Hans Albers) die Schriftgrafik für den Vor- und Abspann aus. Zeitweilig ist Schönfeld außerdem Hofmaler der Prinzessin Reuß und ihres Sohnes, Graf von Plauen.
1939 zum Militärdienst herangezogen, befördert ihn die Wehrmacht wegen seiner spezifischen Talente zum Kartographen und beorderte ihn nach Frankreich und in die Niederlande, wo er in Gelderland seiner späteren zweiten Frau, der aus Groningen stammenden Krankenschwester Klaziena Hoeksma begegnete. Nach Kriegsende begann für die Familie mit der Heirat im Jahre 1946 in Leer ein mühseliger Neuanfang: erst in der Kaserne, dann im eigenen Haus an der damaligen Bodelschwingh Straße, als Nachbarn unter anderem von Karl Dall und seinen Eltern.
Nachdem er einen Ruf nach Berlin ausgeschlagen hatte, engagierte sich der Künstler in seiner Wahlheimat bald pädagogisch und beteiligte sich an der Gründung des Volksbildungswerkes, gab Kurse in der späteren Volkshochschule und baute deren drucktechnische Werkstatt in der Haneburg mit auf, die er bis zu seinem Lebensende leitete.
Als Freilichtmaler war er in vielen Teilen Ostfrieslands und des Ammerlandes oder der Niederlande unterwegs, wo viele teils impressionistisch geprägte Landschaften entstanden.Was aber kennzeichnet nun im Spezifischen das Werk von Erich Schönfeld, wenn man anders als unsere Kritiker in die strukturellen Tiefen seiner Bildschöpfungen vordringt?
Nach längerer Betrachtung glaube ich zumindest die folgenden Konstanten zu erkennen: Einerseits ist sein Werk geprägt von einer großen Vielfalt an Darstellungstechniken – von der Zeichnung über die Malerei bis zu allen traditionellen Druckverfahren und sogar Schnitzereien, Reliefs oder bemalte Lampenschirme oder Porzellanstücke sind bekannt und verschiedentlich erhalten geblieben. Inhaltlich stehen Porträts, Historienbilder, Landschaften und Stillleben scheinbar gleichwertig nebeneinander.
Allein nach ihrer Anzahl lässt sich aber erkennen, dass die Landschaftsmalerei sein bevorzugtes Genre darstellte.
Die Porträts, die seine Tochter Rosina Zierleyn in ihrer Werkdatenbank zusammengetragen hat, beziehen sich demgegenüber fast gänzlich auf die eigene Familie (wie Opa Hoeksma oder seine Ehefrau Klaziena);
daneben gibt es einige Auftragsarbeiten. Historienbilder kommen nur selten vor und zeigen deutliche Bezüge zur Tradition der Kunstgeschichte. Seine Stillleben widmen sich im Schwerpunkt der Blumenmalerei. Das weitaus größte Spektrum zeigt nach Motiven, Themen, Perspektiven, nach Standorten und ihrer unterschiedlichen Atmosphäre jedoch seine Landschaftsmalerei.Ein zweites Wesensmerkmal stellt die Zwiesprache mit den Alten Meistern dar. Betrachten wir eine Radierung aus dem Jahre 1937, die ein Porträt der erwähnten „Prinzessin Reuß“ zeigt,
so glauben wir nicht nur in dem eingearbeiteten Schriftzug und dem Wappen der Dessauer Adelsfamilie, sondern auch in der Kleidung, der profilhaft-abgewandten Gabe der Porträtierten und ihrer feingliedrig naturalistischen Darstellung einen deutlichen Widerhall auf Albrecht Dürer zu erkennen.
Dieser Name kommt auch in den Sinn, wenn man Schönfelds „Grasstudie“, ein zeitlos-klassisches Aquarell aus dem Jahre 1949 betrachtet. Denn auch der Nürnberger Maler und Grafiker schuf 1503 mit dem „großen Rasenstück“ ein ähnliches Aquarell, das bis heute von Einfluss geblieben ist.
In der Auseinandersetzung mit der ostfriesischen und niederländischen Landschaft sind dagegen immer wieder Bezüge zum Goldenen Zeitalter der niederländischen Kunst des 16. und 17. Jahrhunderts zu erkennen. Zuweilen nahm Schönfeld Anleihen, etwa bei Jacob van Ruisdael. Und dessen „Mühle von Wijk“ aus dem Jahre 1670 scheint Schönfeld als Folie eines stolzen Handwerkszeitalters und einer aus heutiger Sicht reinen Landschaft gedient zu haben, die Ruisdael und seine Landsmänner erstmals von der biblischen und der mythologischen Staffage früherer Kunstepochen befreit zeigten.
Bei Schönfeld taucht das Motiv der Mühle häufig auf, schon im französischen „St. Nazaire“, im Kriegseinsatz, malt er das sonnig-friedvolle Porträt eines südländischen Mühlenrundbaus. Galerieholländer erscheinen dagegen hierzulande in seinen Werken – wie „Im Sturm über Holland“ oder bei der „Jemgumer Mühle“, die Schönfeld 1949 – begleitet von einem vielfarbig akzentuierten Dächermeer – aus der Vogelperspektive zeigt.
Betrachten wir ein weiteres Werk von Ruisdael, nämlich das Gemälde „Eichwald am Wasser“ von 1660, dann entdecken wir mit Wolfgang Braunfels nicht nur dessen „ernste Feierlichkeit und Pracht“. Unübersehbar hat der Maler eine zersplitterte Eiche kontrastiv vom lebendigen Grün des übrigen Blattwerks abgehoben. Werden und Vergehen, Leben und Tod am Beispiel der Natur verweisen auf die Vergänglichkeit allen Lebens und bilden als Vanitasgedanke ein Leitmotiv des Barock.
Erich Schönfeld hat das Bild und seine Maltechnik nicht nur könnerhaft nachempfunden, sondern in seinem Sinne auch eigene Bilder voller Spannung und Atmosphäre entworfen, etwa die Gemälde „Sturm über Holland“ von 1946, „Jemgumer Umland“ von ´48 oder seine „Mondnacht am Ems-Ledablick“, die in ihrer unheimlich-heimeligen Nachtperspektive eine direkte Brücke zur Romantik schlägt.
Im „Haneburgtor zu Leer“, das er 1970 malte, verweist Schönfeld mit herbstlichem Kolorit und einer zum Weg hin geöffneten Pforte letztlich auch im Sinne der abendländischen Tradition auf den symbolischen Herbst des Lebens und somit auf den Lebensweg des Menschen.
Nicht zufällig übertrug Schönfeld die malerischen Themen der Landschaft auch in viele traditionelle Techniken wie fein ausgearbeitete Lithografien, Radierungen oder Holzschnitte.
Als ein drittes Kennzeichen von Schönfelds Kunst ist das Moment des Seriellen zu betrachten, das wohl aus seinerbeharrlichen und wiederholten Auseinandersetzung mit ein und demselben Motiv erwachsen ist. Als Vater der Serie kennen wir in der Kunstgeschichte vor allem den Impressionisten Claude Monet, der ein Motiv von einem Standpunkt aus (so wie etwa die Kathedrale von Rouen oder banale Heuschober) immer wieder zu verschiedenen Tages- und Jahreszeiten einfing und damit eigentlich die Veränderungen des Motivs unter dem flüchtigen Einfluss von Wind, Wetter und Lichtsituation – kurz von Atmosphäre – differenzierte.
Mit dem Licht ändert sich die Erscheinungsweise der Dinge (und vielleicht ist Schönfeld Monet nirgendwo so nahe wie in seinem Bild
„Flusslandschaft in Holland“ von 1970).
Und so differenziert auch Erich Schönfeld in den Jahren nach 1970 in verschiedenen Aquarellen und Malereien in diesem Sinne den Charakter eines „Waldweges bei Rostrup“ nach den Lichtstimmungen zu verschiedenen Jahreszeiten.
Und in dem Bildpaar „Evenburgpark“, einmal als Aquarell 1960 und einmal als Ölmalerei 1976 entstanden, entwirft Schönfeld nicht nur ein ähnliches Vegetationsensemble wie in „Eichwald am Wasser“, er setzt am fernen Ufer einer Lichtung in dem Ölgemälde auch einen 1922 abgerissenen historischen Galerieholländer in Szene, wo im Aquarell nur ein geschlossener Baumbestand zu erkennen ist.
Fragt man nach der Modernität unseres Künstlers, so muss viertens festgehalten und eingeräumt werden, dass Schönfeld den Einfluss des deutschen Impressionismus, insbesondere durch Max Liebermann, dem Wegbereiter der Moderne, der ja bekanntermaßen in den 1880er Jahren auch in den Niederlanden gemalt hatte, nach seiner Studienzeit eigentlich nie aufgegeben hat. Aber auch hier muss man differenzieren, denn Liebermanns „Allee von Overveen“ aus dem Jahre 1895 oder sein „Landhaus in Hilversum“ von 1901 stehen in ihrer naturalistisch-präziseren Handschrift Schönfelds Arbeiten wesentlich näher, als die mit flüssiger Hand hingeworfenen und von abstrahierender Unschärfe geprägten Spätwerke, etwa aus den „Wannseegärten“.
Eine bedeutende lokale, noch zu wenig beachtete Spielart der deutschen Farblichtmalerei war der sogenannte „Schwäbische Impressionismus“, als deren Hauptvertreter Otto Reiniger, Hermann Pleuer, Christian Landenberger und Erwin Starker gelten. Auch wenn Schönfeld anfangs, zum Beispiel im erwähnten Fensterblick aus seiner Studierstube, Bezüge zur Neuen Sachlichkeit erkennen lässt, fand er doch im Neoimpressionismus seine wahre Heimat und schuf in Holland und Ostfriesland im Sinne der erwähnten Schwäbischen Schule, wie ein Vergleich mit Reinigers „Sommerlicher Landschaft“ von 1909 augenfällig macht.
Schönfelds Kunst wäre nach neusachlichen Maßstäben allenfalls klassisch zu nennen und ist weit davon entfernt zum Beispiel wie bei Radziwill als Magischer Realismus eine Brücke zur Phantastik zu schlagen. Vielmehr ist ein Ausspruch von Joseph Beuys, nämlich „Jeder Handgriff muss sitzen“, eher seine Devise gewesen. Und man erkennt besonders in seinen Aquarellen seinen zügigen und präzisen Pinselstrich, zum Beispiel im herrlichen Porträt der „Linde im Schlosspark der Evenburg“ aus dem Jahre ´68.
Mit dem Stichwort Evenburg kommen wir zu einem wichtigen weiteren Merkmal von Schönfelds Kunst. Denn, so wie er über Jahrzehnte, etwa die Evenburg in Leer-Loga und ihren umliegenden Park immer wieder ins Bild fasste, spricht aus seinen Arbeiten nicht nur eine Verbeugung vor der Natur und ihren Kräften. Schönfeld wird zugleich zu einem Chronisten historischer Tatbestände und so können wir zum Beispiel erkennen, wie schlicht und seines Zierrats beraubt der Schlossbau noch 1970 aussah, bevor der Landkreis Leer das Gebäude 1975 übernahm und in mehreren Bauabschnitten aufwendig restaurierte, um den 1862 vollendeten neogotischen Stil wiederherzustellen.
Malerei als Gedächtnisspeicher für historische Bestände begegnet uns bei Schönfeld aber auch in vielen anderen Motiven, etwa wenn er einen Mammutpflug aus den späten 1940er Jahren einfängt oder uns die Mühle im französischen St. Nazaire vor ihrer Zerstörung zeigt.
Das alles sind Merkmale, die im Werk Erich Schönfelds begegnen. Im Werk eines Mannes, der die Vielfalt seiner Techniken besonders als Landschafter pflegte, der Ostfriesland mit den Augen eines Neoimpressionisten betrachtete und zuweilen in seriellen Momentaufnahmen erfasste, ohne dabei jedoch die Tradition zu verleugnen, und damit zu einem feinfühligen Chronisten wurde.
Die Frage nach dem Hintersinn dieser Gedenkausstellung ist damit allerdings erst im Ansatz berührt.
Wer von Ihnen, liebe Kunstfreunde, ein häufiger Besucher der Kunstausstellungen der ostfriesischen Halbinsel ist, dem wird aufgefallen sein, dass spätestens seit der Mitte des neuen Jahrzehnts, ich meine die Jahre nach 2005 (nicht zuletzt auch durch die kultur-touristischen Themenjahre der Ostfriesischen Landschaft „Garten Eden“, „Abenteuer Wirklichkeit“ und „Das Land der Entdeckungen“), hier in Ostfriesland eine allgemeine Bewusstwerdung eingesetzt hat. Eine Bewusstwerdung für den Wert der kulturellen Leistungen, die insbesondere die Bildende Kunst zu Eigenart und Charakter der Ems-Jade-Region in den, sagen wir, letzten zwei Jahrhunderten beigetragen hat.
Gleichzeitig wurden immer häufiger Künstler-Nachlässe bekannt, die von den Nachkommen in die Hände der Öffentlichkeit überreicht werden sollten. Und auch die großzügige Schenkung des Auricher Sammlers Dr. Walter Baumfalk an das Ostfriesische Landesmuseum in Emden oder die Gründung des Kunsthauses in Leer haben dieser Entwicklung entscheidende Impulse gegeben.
Damit hat es sich als richtig erwiesen, was die neuere Philosophie über die Globalisierung gesagt hat. Nämlich, dass die voranschreitende Internationalisierung ein zunehmendes Bewusstsein der eigenen Identität und der regionalen Besonderheiten und Fertigkeiten als gesunde Kehrseite zur Folge hat.
Als ich diese Rede vorbereitete, erhielt ich einen Anruf der 90-jährigen Künstlerin Hildegard Peters aus Norden, die noch bis Anfang März mit einer großen Sonderschau im Emder Landesmuseum geehrt wird. Gerade hatte sie die Einladung zu unserer heutigen Ausstellungseröffnung erhalten und lobte Erich Schönfeld als einen, ich zitiere, „wichtigen und oft vergessenen Künstler der Region“. Ihr Lob gebe ich hiermit gerne an die Ausstellungsmacher und die Familie weiter.
Etwa 300 von Schönfelds Werken befinden sich heute in der Hand der Familie, weitere bei Privatleuten der Region. Und ich darf Ihnen verraten, ich habe schon viele Ausstellungen eröffnet in den zurückliegenden Jahren, bin aber noch nie von einer so engagierten Informantin mit Materialien wahrhaft überhäuft worden wie von Rosina Zierleyn. Deshalb hoffe ich, dass sie ihrer Internet-Datenbank zu Leben und Werk ihres Vaters auch durch Meldungen nach dieser Ausstellung noch viele Bilder und Erkenntnisse hinzufügen kann.
Und weil es in Zukunft ein ostfriesisches Künstler-Lexikon geben soll, wäre es, liebe Frau Zierleyn, liebe Kunstfreunde, sicherlich wünschenswert hier später auch einen Eintrag mit dem Namen Erich Schönfeld zu lesen. Ich jedenfalls habe in der vorletzten Woche erfahren, dass an diesem Artikel schon gearbeitet wird.
In diesem Sinne wünsche ich Ihnen jetzt viele anregende „Augenblicke“ und Entdeckungen.
Vielen Dank für Ihre Aufmerksamkeit.
Stellvertr. Bgm. Herr Eyhusen Herr Landrat Berhard Bramlage Laudator Herr Dr.Lübbert Haneborger
Ansprache: Rosina Zierleyn - Schönfeld
Gerd Feldkamp (Klassische Gitarre ) Fam. Schönfeld, Herr Dr. Haneborger, Herr Landrat Bramlage
Karl Heinz Schönfeld beim Signieren seiner Karikaturenbücher
Karikaturist Karl Heinz Schönfeld
Ostfriesenzeitung 28.01. 2014
Artikel in Neue Zeitung am 29.07.2011 siehe auch http://www.gerhard-verlag.de/ KW 30 Ausgabe Nord Seite 2 und 3
Werke von Erich Schönfeld öffentlich zugänglich machen
von Gerhard Frerichs aus Leer | am 29.07.2011
Seine Kinder sammeln die vielfältigen Werke und Informationen
Zur Evenburg und zum Evenburg-Park hatte der Kunstmaler und Grafiker Erich Schönfeld (1904-1983) ein besonders inniges
Schaffensverhältnis entwickelt. Oft trafen ihn dort Spaziergänger mit Farbpalette und Staffelei: Immer neue Aspekte dieses Leeraner Kleinods gestaltete er dort mit Öl, Aquarell oder Pastell.
Kein Wunder, wenn man bedenkt, daß der gebürtige Berliner Erich Schönfeld 1924 bis 1927 an der Berliner Akademie der Künste bei Professor Emil Orlik studiert hatte
und dort noch wesentlich geprägt wurde durch die Spät-Impressionisten um Max Liebermann und Max Slevogt.
Die Freilichtmalerei trieb ihn immer wieder in die Natur.
Erich Schönfeld ließ sich nach dem Krieg – aus Liebe zu seiner holländischen Ehefrau - in Leer nieder und fand in der ostfriesischen Landschaft und ihren Menschen zahllose Anregungen für faszinierende Bilder.
Seit kurzem haben seine Kinder damit begonnen, Fotos seiner vielfältigen Werke
und Informationen über den angesehenen Leeraner Künstler auf einer Homepage im Internet der allgemeinen Öffentlichkeit zugänglich zu machen. Auch Wikipedia hat sein Schaffen gewürdigt.
Die Neue Zeitung wird in unreglemäßigen Abständen Werke von Erich Schönfeld veröffentlichen.
Informationen im Internet, unter: http://schoenfeld.de.to/
Neue Zeitung Ausgabe Leer 01.10.2011 Seite 3