Zeichnung von Oll Willm aufgetaucht
Wilhelm Brechtezende saß häufig Modell bei Kunstmaler Erich Schönfeld
Von Anselm Schönfeld
■ Leer Den älteren Bürgern von Leer ist „Oll Willm“, wie er liebevoll von den Leeranern genannt wurde, sicher noch in guter Erinnerung. Langsam mit Tempo 5 km/h fuhr er mit seinem alten Fahrrad, voll mit Einkaufstaschen behangen, durch die Straßen von Leer. Hinter ihm meistens eine Traube von Kindern, die ihm nachrief:
„Der Weihnachtsmann, der Weihnachtsmann!“ Ja, es war schon außergewöhnlich, wenn jemand in den 1950er Jahren mit einem solch‘ langen Rauschebart und Schlapphut bepackt mit vielen Taschen durch die Straßen von Leer fuhr. Allein durch seine Erscheinung erregte „Oll Willm“ die Aufmerksamkeit vieler Leute. Er war eben ein echtes ostfriesisches Original, wie es in jener Zeit kaum anzutreffen war. Wilhelm Brechtezende, wie sein richtiger Name war, wohnte in Großwolderfeld bei Ihrhove und verdiente sich seinen Lebensunterhalt mit Einkäufen für die kleinen Leute seiner Umgebung. Wenn er in Leer durch die Straßen fuhr, freuten sich die Leeraner und begrüßten ihn herzlich. Er gehörte einfach zum Stadtbild wie die alte Waage zum Hafen oder der Wasserturm zu Leer.
Der Kunstmaler Erich Schönfeld, der viele Jahre nach dem Krieg an der Volkshochschule Mal- und Zeichenunterricht gab, lud ihn öfters in seine Zeichenkurse ein, um für seine Schüler Modell zu sitzen. Man sammelte immer etwas Geld, um ihn für seine Sitzungen zu entlohnen. Er kam gerne und es bereitete ihm sichtlich Vergnügen, von so vielen jungen Leuten gezeichnet zu werden. Die Bürger Leers konnten dann ab und an die Ergebnisse der Zeichenschüler bewundern, denn Erich Schönfeld ließ es sich nicht nehmen, die künstlerischen Arbeiten seiner Kunstschüler in einer Ausstellung der Öffentlichkeit zu präsentieren. Anfang des Jahres tauchte eine bis dahin völlig unbekannte Kohlezeichnung aus dem Jahr 1955 auf, die Erich Schönfeld während seiner Zeichenkurse vom „Oll Willm“ selbst anfertigte. Obwohl der Künstler Schönfeld Wilhelm Brechtezende mehrfach malte und zeichnete, gehört dieses Werk gewiss mit zu den Schönsten,die er von Oll Willm geschaffen hat.Mit liebenvollen und treffsicheren Strichen hat Erich Schönfeld das Leeraner Original festgehalten.
Die Zeichnung erinnert an die Portraitzeichnungen Rembrandts, der auch eine Vorliebe solche originellen Menschen hatte. Was Erich Schönfeld mit dieser Zeinung festgehalten hat, ist wahrscheinlich ein Stück Leeraner Nachkriegsgeschichte. Erich Schönfeld wurde 1904 als siebtes Kind des Konditormeisters Wilhelm Schönfeld und Ehefrau Minna in Berlin geboren.1922 wurde er Meisterschüler des berühmten Malers Emil Orlik.
Schönfeld gewann mehrere Preise und war sehr erfolgreich. Er arbeitete für die Ufa-Trickfilmstudios, für das Schauspielhaus und auf Schloss Wiesenburg als Portraitmaler. Im Krieg wur
de er als Kartograph bei der Wehrmacht eingezogen.Nach dem Krieg, aus dem Lazarett Augsburg entlassen, schlug Schönfeld sich nach Leer durch.
Hier gründete er einen politisch-intellektuellen Zirkel, der kostenlose Vorträge und Kurse zu Kunst und Literarur anbot. Daraus ging später die Volkhochschule hervor.
Quelle: Sontagsreport 30.06.2019
Oll Willm (mit Hut) sitzt Modell im Zeichenunterricht von Erich Schönfeld (stehend).
Das Bild entstand 1955 im Oberlyzeum für Mädchen ( heute Teletta-Groß-Gymnasium)
VON PETRA HERTERICH
Die Tochter des verstorbenen Leeraner Malers Erich Schönfeld ist auf der Suche nach den Bildern ihres Vaters. Rosina Zierleyn hat schon rund 340 Werke gefunden – nicht nur in Ostfriesland.
Leer - Das Bild mit der Bunder Mühle ist ihr Lieblingsstück. Jahrelang hat Rosina Zierleyn danach gesucht. Als sie es endlich gefunden hatte „hätte ich weinen können vor Freude“, sagt sie. Gemalt hat es ihr Vater, der Künstler Erich Schönfeld. Rund 340 Bilder hat seine Tochter inzwischen schon von ihm gefunden.Die meisten kennt sie allerdings nur von Fotos. Doch diese Aufnahmen reichen ihr, um damit das Andenken ihres Vaters zu bewahren: Die Leeranerin hat eine Homepage über sein Werk erstellt. „Für mich ist diese Suche nach seinen Werken unglaublich spannend“, erzählt Rosina Zierleyn. „Immer, wenn ich wieder ein Bild finde, habe ich das Gefühl, mein Vater steht hinter mir und sagt: Mensch, das ist ja toll“, erzählt sie lachend.
Suche wurde bundesweit bekannt
Seit sie 2011 die Homepage ins Leben gerufen hat, wurde ihre Suche auch bundesweit bekannt. Inzwischen hat Rosina Zierleyn Fotos von den Bildern ihres Vaters aus nahezu sämtlichen Bundesländern zugeschickt bekommen. Die meisten befinden sich in Privatbesitz. „Es ist spannend zu erfahren, wie ein Bild meines Vaters aus Ostfriesland beispielsweise nach München gekommen ist“, sagt sie. Die Lösung: Die Oma des jetzigen Eigentümers stammte aus Berlin – wie Erich Schönfeld. „Vermutlich gab es da eine Verbindung“, sagt die Tochter.
„Ich freue mich wirklich über jeden einzelnen Hinweis“
Wie viele Bilder, Graphiken oder Aquarelle ihr Vater insgesamt gemalt hat, weiß Rosina Zierleyn nicht – auch nicht, wie viele Werke noch in Privathäusern in Ostfriesland hängen. „Ich hoffe, dass sich nach diesem Bericht vielleicht noch weitere Besitzer melden und mir Fotos zukommen lassen“, sagt sie.
Wer ein Werk ihres Vaters besitze, könne entweder eine Mail an rosina.zierleyn@t-online.de schicken oder auch sie auch einfach unter Telefonnummer 0491 45 41 864 anrufen. „Ich freue mich wirklich über jeden einzelnen Hinweis“, betont Rosina Zierleyn.
Erich Schönfeld
Der Maler und Graphiker Erich Schönfeld wurde 1904 Berlin geboren, er starb 1983 in Warsingsfehn. Er studierte an der freien Akademie der Künste in Berlin. 1927 ging er als freier Graphiker und Trickfilmzeichner zur Ufa-Filmgesellschaft.
Berühmte Maler wie Max Liebermann, Max Slevogt und Emil Orlik hatte Erich Schönfeld noch kennen gelernt. Sie prägten seinen Stil und beeinflussten entscheidend seine künstlerische Entwicklung.
Nach dem Krieg lernte Erich Schönfeld seine Frau, die Niederländerin Klaziena Hookzema, kennen. Weil die gebürtige Groningerin ihrer Heimat nah bleiben wollte, zog das Paar nach Ostfriesland.
Erich Schönfeld ließ sich in Leer als freischaffender Maler nieder. Er gab Kurse an der Volkshochschule und war erster Leiter der drucktechnischen Werkstatt.
Weitere Informationen über sein Leben und sein umfangreiches Werk finden sich auf der Homepage im Internet unter erich-schoenfeld.npage.de.
26.02 1977 Ostfriesen - Zeitung Februar 1977
Leer Aktuell 1979
Ostfriesen - Zeitung 8.02.1981
OZ 2004
Leeraner Kunstmeile 1988
Leeraner Kunstmeile 1988
Leeraner Kunstmeile 1988
Ostfriesenzeitung Archiv 2004
Zitat von Max Liebermann:
"Ein Künstler, der darauf verzichtet, das Unsichtbare, das, was hinter der Erscheinung liegt –
nennen wir es Seele, Gemüt, Leben –vermittels der Darstellung der Wirklichkeit auszudrücken, ist kein Künstler"
Ausstellung 2004