Landschaften & Szenen

 

 

 

 

 

 

 

 

                                                                              

                                                                           Nr.1 Leer, Ostfriesland, Hafen mit Waage und Rathaus 1966 ( Öl auf Leinwand)

Seit Jahrzehnten reizt dieser malerische Anblick Berufs- und Hobbyfotografen – warum nicht auch Erich Schönfeld? Allerdings widmet er sich diesem Motiv erheblich intensiver und länger als jenen Bruchteil von Sekunden, den der Fotoapparat für Belichtung bzw. Speicherung benötigt.

Wie viele Braun-Ocker-Gelb-Töne hat Schönfeld quer über den Bildmittelgrund gestaltend aufgetragen. Er lockt den Betrachter geradezu, in diesem Ensemble aus vielgestaltiger Architektur mit den Augen zu spazieren. Er setzt effektvoll das komplementäre Grün der sparsamen Vegetation und der Turmlaternen von Rathaus und Großer Kirche ein und nutzt kontrastierend das leuchtende Weiß von zwei Fassaden. Mit dem abendlich warmen Sonnenlicht vermeidet er grelle Farbwerte, gewinnt ein paar Verschattungen und kann durch vielfältige Spiegelungen das Hafenwasser mit sanften Farbtupfern vor der Altstadt ausbreiten. Bis hin zu den Schuten in gedämpftem Komplementär-Grün und ein wenig kontrastierendem Rot. Nur zurückhaltend tönt er die Wolken vor dem Himmelsblau, damit sich Tiefen- und Weitenwirkung ergeben. Dieses bemerkenswerte Schönfeld-Werk ist bildschön; es lädt zu immer neuem, genussvollem Betrachten ein, zum Entdecken von vielen Details und geheimnisvollen Schönfeldschen Geisterwesen.

Leeraner und Touristen lieben diesen Hafenblick mit der barocken Waage von 1714 und dem imposanten Rathaus im Neo-Renaissancestil von 1894, das sogar als Bausatz für Modellbahnen gehandelt wird.  So sei denn aus der Festrede des Bürgermeisters Dieckmann zur Rathaus-Einweihung am 29. Oktober 1894 zitiert:

„... Am 11. Mai 1880 setzte der Rentier Schelten letztwillig die Stadt Leer zu seiner Universalerbin ein, legte ihr die Verpflichtung auf, einen Teil des Nachlasses zum Bau eines Rathauses zu verwenden. Wenn das neue Rathaus herrlicher und größer sich gestaltet hat, als man sonst hätte hoffen dürfen, so haben wir es zweifellos der Schelten‘schen Erbschaft zu danken...“

 

 

 

 

 

                                                                                           

                                                                                                           Nr. 1a                 Leer, Hafen  mit Waage und Rathaus 1966 ( Öl auf Leinwand )

 

Dasselbe Motiv, derselbe Künstler, dasselbe Jahr – und doch ein ganz eigenes neues Bild. Der Betrachter meint fast, Erich Schönfeld noch beim Schaffensprozess zusehen zu können: So bewegt wie das Hafenwasser zeigt sich auch sein Pinselduktus. Das akzentuiernde Weiß der Fensterlaibungen an Waage und Rathaus scheint noch nicht ausgehärtet. Die verschärften Fluchtlinien, die hervorgehobene Sandsteinornamentik und der verstärkte Schattenwurf schieben das Rathausgebäude dynamisch ins Bild. Die Waage daneben scheint diesen Impuls aufzunehmen und ihn weiterzugeben an die bewegte Silhouette der dichtgedrängten vielgestaltigen Fassaden, Giebel und Dächer bis über den Bildrand hinaus. Erdige Farben bis hin zu den hölzernen Schuten im Bildvordergrund entwickeln eine unerwartet intensive, ja, geradezu expressive Wirkung. Pastos herausgearbeitete Kumuluswolken scheinen Türme und Dächer zu umtänzeln.

Ganz real und gegenständlich ist die Szenerie und doch menschenleer: Es liegt ein Hauch des Unwirklichen darüber. Der Betrachter aber kann nun ungestört in dieser Vedute seine Phantasie flanieren lassen. In den meisten seiner Landschaftsgemälde konzentriert sich Schönfeld ausschließlich auf seinen Malgegenstand, die Natur- und Kulturlandschaft. Er spart Menschen meistens aus, belebt seine Abbildungen aber mit rätselhaften Geisterwesen, die er im kunstvollen Wechselspiel von Form und Farbe erschafft. Jedes seiner Werke aber ist eine freundliche Einladung an den Betrachter, insbesondere an den verweilenden, der sich öffnet für einen inneren Dialog mit dem Künstler.

 

 

 

                                                                                           

 

 

 

                                                                              

                                                                        Nr. 2                       Mondnacht  bei Leerort  1950     ( Öl auf Leinwand ) 46 x 56

Erich Schönfeld hat öfter gleiche/vergleichbare Bildmotive differenziert ausgestaltet. In diesem Fall Ems-Ufer-Landschaft aus der Perspektive eines identischen Standortes. Insbesondere das linke Bilddrittel lässt darauf schließen. Die ausdrucksstarke Kopfweide führt den Blick des Betrachters von dem dunklen, wenig gegliederten Bildvordergrund schwungvoll in die licht- und farbstark gegliederte Bildhöhe. Licht- und Farbreflexe leiten in die Bildmitte und auf den Bildbetrachter wieder zurück. Schönfeld scheint auf diese Weise ein verschmitztes optisches Spiel mit dem Betrachter zu treiben. Spielt Schönfeld in der „Mondnacht bei Leerort“ virtuos mit unterschiedlichsten Grün-Nuancen, verschiebt er in „Leda-Emsblick bei Leerort“ die Farbskala allmählich in den Blaubereich. Wer sich etwas zusätzliche Muße beim Betrachten gönnt, wird darüber hinaus verstohlene Bild-in-Bild-Graffiti entdecken: Höchst kunstvoll hat Schönfeld [gleichsam hinter der Bildoberfläche] magisch-mythisch wirkende Gestalten in die farblichen und graphischen Bildelemente eingewoben.

Es handelt sich bei diesen optischen Effekten keineswegs um zufällig subjektiv generierte Phänomene. Sie lassen sich bildanalytisch als von Schönfeld intentional gearbeitete Bestandteile des Gesamtbildes nachweisen – unterschiedlich offensichtlich oder kaschiert. In vielen Bildwerken geht der Künstler so weit, dass er diese subversiven Gestalten miteinander agieren, kommunizieren, von einer Form in eine andere mutieren lässt, so dass sie an den UFA-Trickfilmzeichner Schönfeld zu erinnern scheinen. Sie kommentieren, erweitern, ironisieren die Bildwirklichkeit, die Schönfeld auf der Bildoberfläche darstellt.

Schon seit Erich Schönfelds frühesten Arbeiten lässt sich diese Art eines sehr spezifischen Quasi-Manierismus belegen.

 

 

                                                                                        

                                                                        

                                                                        Nr. 3                                 Leda-Ems Blick bei Leerort    ( Öl auf Leinwand )

Erich Schönfeld hat öfter gleiche/vergleichbare Bildmotive differenziert ausgestaltet. In diesem Fall Ems-Ufer-Landschaft aus der Perspektive eines identischen Standortes. Insbesondere das linke Bilddrittel lässt darauf schließen. Die ausdrucksstarke Kopfweide führt den Blick des Betrachters von dem dunklen, wenig gegliederten Bildvordergrund schwungvoll in die licht- und farbstark gegliederte Bildhöhe. Licht- und Farbreflexe leiten in die Bildmitte und auf den Bildbetrachter wieder zurück. Schönfeld scheint auf diese Weise ein verschmitztes optisches Spiel mit dem Betrachter zu treiben.

Spielt Schönfeld in der „Mondnacht bei Leerort“ virtuos mit unterschiedlichsten Grün-Nuancen, verschiebt er in „Leda-Emsblick bei Leerort“ die Farbskala allmählich in den Blaubereich. Wer sich etwas zusätzliche Muße beim Betrachten gönnt, wird darüber hinaus verstohlene Bild-in-Bild-Graffiti entdecken: Höchst kunstvoll hat Schönfeld [gleichsam hinter der Bildoberfläche] magisch-mythisch wirkende Gestalten in die farblichen und graphischen Bildelemente eingewoben. Es handelt sich bei diesen optischen Effekten keineswegs um zufällig subjektiv generierte Phänomene. Sie lassen sich bildanalytisch als von Schönfeld intentional gearbeitete Bestandteile des Gesamtbildes nachweisen – unterschiedlich offensichtlich oder kaschiert.

In vielen Bildwerken geht der Künstler so weit, dass er diese subversiven Gestalten miteinander agieren, kommunizieren, von einer Form in eine andere mutieren lässt, so dass sie an den UFA-Trickfilmzeichner Schönfeld zu erinnern scheinen. Sie kommentieren, erweitern, ironisieren die Bildwirklichkeit, die Schönfeld auf der Bildoberfläche darstellt. Schon seit Erich Schönfelds frühesten Arbeiten lässt sich diese Art eines sehr spezifischen Quasi-Manierismus belegen.

 

 

 

                                                                           

                                                                          Nr. 4                                 Mondnacht bei Leerort

Beeindruckend ist der expressive Einsatz einer diszipliniert begrenzten Farbpalette und weitgehender Verzicht auf klar konturierende Formen. In diesem Rahmen aber fokussiert Erich Schönfeld den Blick durch effektvolle Kontraste auf den linken Bildbereich im Goldenen Schnitt.  Der Phantasie des Bildbetrachters läßt der Künstler viel Raum und scheint ihn geradezu einzuladen, sich auf Bild-in-Bild-Graffiti einzulassen.

 

 

 

 

 

 

 

                                                                                                                                    

                                                                                    

                                                                               

                                                                                                      Nr. 5                        Waldweg, Rostrup 1971 ( Aquarell )      

 

 

 

 

 

                                                                                

                                                                                               Nr. 6               Waldweg Rostrup 1970 ( Aquarell ) 45 x 60

 

 

 

 

 

 

 

 

 

 

                                                                           

                                                                                 Nr. 7            Waldweg Rostrup  1970 ( Aquarell ) 45 x 60

Erich Schönfelds Variationen in jahreszeitlichen Farben entfalten ihre zauberhafte Atmosphäre erst eigentlich, wenn der Betrachter die drei Aquarelle dieser Kleinserie* nebeneinander sehen kann. Das waldige Gelände nordwestlich des Zwischenahner Meeres schätzte der Künstler und demonstriert an diesem begrenzten Landschafts-Ausschnitt seine malerische Meisterschaft.

Die kräftigen Baustämme strukturieren zwei Drittel des Bildes im Kontrast mit buschigem Laubwerk, das ihnen von links entgegenwächst und gleichsam einen Baldachin bildet. Darunter führt der Waldweg leicht diagonal perspektivisch in den Bildmittelgrund, wo Waldbäume [unscharf gemalt] diesen Naturraum abschließen. Jeweils zur gleichen Tageszeit [das zeigt der Einfall des Sonnenlichts] gestaltet Schönfeld dieses intime Stück Natur, das er gegenüber dem Hintergrund abschließt durch klare Konturen [bis hin zu den sogenannten Liebermannschen Sonnenflecken] und durch einen Sonnenlichtstreifen, den er im Mittelgrund quer über den Weg legt wie eine Schranke.

Kühles frühlingshaftes Grün mit lichtem Laub und hellen Himmelsflecken. Warme sommerliche Braun-Gelb-Ocker-Töne unter dichtem Laubdach. Kalte herbstliche Blau-Lila-Violett-Töne unter schütterem Laub und fahlen Himmelsflecken. Für den verweilenden Betrachter, der sich einen zweiten Blick gönnt, hat Erich Schönfeld mit seinem typischen Berliner Mutterwitz augenzwinkernd scherzhafte Randbemerkungen in die Aquarelle hineingemalt. Übrigens lassen sich vergleichbare gemalte Scherze auch in anderen Werken Schönfelds entdecken, vorausgesetzt der Betrachter hastet nicht über die Bildoberfläche.

Allerdings reizt der Künstler diese spezifisch Schönfeldsche Hintergrundmalerei in der Sommer-Version der drei Aquarelle mit verblüffender Virtuosität aus: Hinter den Baumstämmen hat er geradezu die Szenerie eines Waldgeister-Theaters gestaltet. Und das Sonnenlicht dient gleichsam als Bühnenbeleuchtung. Shakespeares Sommernachtstraum lässt grüßen.*Der große Impressionist Claude Monet hatte einst Großserien von einem Heuschober, der Kathedrale von Rouen und der Pappelallee bei Limetz gemalt.

 

 

 

                                                                         

                                                                        Nr. 8                                            Waldweg Rostrup 1971  ( Aquarell )

Der nordwestliche Uferbereich des Zwischenahner Meeres ist fraglos der landschaftlich reizvollste Abschnitt – Spaziergänger und Radfahrer wissen das zu schätzen. Malerisch wird der Wald aber erst mit Erich Schönfeld.  Baumstämme im Bildmittelgrund [diagonal leicht ansteigend] strukturieren graphisch und farbig die Fülle des nuancierten Grün. Sie geben den Blicken Halt, die sich von einem erkennbaren Objekt zum nächsten durch die fließende Farbigkeit tasten, um sich dann doch einfühlsam dem dynamischen Farbenspiel hinzugeben. Wer in dieser Weise spielerisch über Schönfelds Bildwerke wandert, löst sich bald von nur schöner vordergründiger Gegenständlichkeit,      

 

                             

 

 

                                                                        

                                                                 Nr. 8a                                                     Waldweg Rostrup 1972  ( Aquarell )         

Freilichtmaler und Impressionist ist Erich Schönfeld fraglos auch gewesen. In diesem Aquarell scheint er, das Sonnenlicht so zart über die wuchtig sperrigen Baumstämme streichen zu lassen, dass sie die unwirkliche Leichtigkeit eines kunstvollen Fächers annehmen. Wäre es dann abwegig in dieser zauberhaften Atmosphäre Waldgeistern zu begegnen?

 

 

 

 

 

 

 

 

                                                                               

                                                                          Nr. 8b                                 Waldweg  Rostrup 1972( Aquarell ) 45 x 60                                      

Erich Schönfeld hat gerne reizvolle Motive wieder aufgenommen und neu gestaltet; so auch diesen Rostruper Waldweg: In bester Impressionisten-Tradition hat er die Stimmung mit sensibel abgestufter grüner Palette gestaltet. Mit breiter bewegter Pinselführung ruft er räumlich gegenständliche Bildvorstellungen hervor, die er durch sanft fließende Übergänge wieder aufzulösen, zu abstrahieren scheint. In das Aufmerksamkeitszentrum des Goldenen Schnitts pflanzt er – wie eine Skulptur – die charaktervoll eigenwillige Baumstamm-Kombination, akzentuiert durch Rot-Braun-Töne, umrahmt vom ocker-braunen Waldweg mit Liebermannschen Sonnenflecken. Schönfelds Bild-in-Bild-Graffiti geistern durch dieses Aquarell wie jene Phantasiegestalten in Shakespeares Sommernachtstraum.

 

 

                                                                           

                                        Nach über 40 Jahren ist der schöne Waldweg nicht mehr derselbe. Ausgedünnt, verschwunden sind Bäume,

                                        die am Wegesrand spalierartig wuchsen.  Heute, 2014 ist nicht mehr viel von dem Zauber des Weges geblieben.

                                        Nur  noch einzelne Bäume lassen erkennen, dass es sich um denselben  Weg handelt. Wer den Weg noch aus den 70ger Jahren kennt,

                                        wird gerne in Erinnerung schwelgen und dankbar sein, dass Erich Schönfeld ihn verewigt hat.

 

                                                  

 

 

                                  

                                                                   Nr. 8c                                             Waldweg Rostrup 1975 ( Aquarell )

Diese Reprise des Sujet „Waldweg Rostrup“ wird kein Déjà-vu: Denn Erich Schönfelds kunstvolle und dynamische Neugestaltung verleiht scheinbar Bekanntem überraschend neue Züge. Die von ihm künstlerisch gestaltete Wirklichkeit lädt den Betrachter ein, gegenüber der Realität selber neue Sichtweisen zu entwickeln.

Schönfeld hat die Perspektive leicht verändert, so dass er die Baumstämme als wichtige graphische Komponenten höchst wirkungsvoll arrangieren kann. Er hat seine Farbpalette in den Blau-Lila-Bereich verschoben, um eine kühlere, fast geisterhafte Waldatmosphäre zu schaffen. Mit breiter diskontinuierlicher Pinselführung gestaltet Schönfeld fleckig expressionistisch, fast tachistisch das Laubwerk äußerst wirkungsvoll und zugleich weitgehend ungegenständlich, abstrakt.

Mit der gleichen Technik mildert er das wuchtige bildnerische Gestaltungsgerüst der Baumstämme. Farbflecken und Verwischungen geben ihnen eine schwungvolle Eigendynamik, mit der sie sich durch die Bildkomposition zu bewegen scheinen.  So unterschiedlich man auch Erich Schönfeld und Georges Braque einordnen muss, so treffend erscheint folgendes Braque-Zitat auch für Schönfelds Werk: »Ich möchte viel lieber im Einklang mit der Natur sein als sie nachahmen.

Schönfeld hatte das Handwerkzeug und Auge, präzise naturalistisch zu gestalten; nur war dies nicht der ausschließliche Endzweck seines Schaffens. Seine Werke sind [fast verborgen] mehrschichtig. Ein Weg in tiefere Schichten sind die vielfach angesprochenen Bild-in-Bild-

Graffiti, die auch in diesem Aquarell zu finden sind. Sie können ein Mittel sein zu einem adäquaten Verständnis des Künstlers und seiner Werke.

 

                                                                 

 

 

 

                                                                                   

                                                                                                    

 

 

 

                                                                                                                          

                                                                                               Nr. 9               Julianen Park zu Leer 1965 ( Pastell ) 40 x 30

Rotbraune Kiefernstämme und ihre Schatten, ihre lockeren Nadelkronen, ein Holzstapel, der Parkweg und Stangenholz am Rand geben der Bildkomposition eine klare ruhige Struktur. Verwischtes, aber in sich nuanciertes grünes Laub bildet den flächigen Kontrast, während die Farbverwischungen dem optisch an sich unbewegten Himmelsblau eine zauberhaft fließende Struktur verleihen.

Dieses Spiel zwischen sanften weichen Farbübergängen und ordnenden graphischen Elementen gibt dem Pastell eine innere Spannung und Tiefe. Der stellenweise durchschimmernde helle Malgrund gibt einigen Bildbereichen eine sphärische Leichtigkeit. Auch dieses Schönfeld-Werk erhält durch seine Bild-in-Bild-Graffiti eine rätselhafte tiefere Bedeutungsschicht. Eigentlich kein Wunder: War Erich Schönfeld doch in den 1920er/30er Jahren im Trickfilmstudio der UFA und dem eigenen künstlerisch tätig.                                                                        

 

 

 

 

 

                                                                                                       

                                                                                                                         

 

 

                                                           

                                                         Nr. 10                          Doorwerth  in Holland  1970 ( aus der Erinnerung gemalt ) ca. 40 x 50

                                               Hier lernte Erich Schönfeld seine Frau Klaziena kennen und lieben.

                                               Erich Schönfeld, der Berliner Künstler und Klaziena Hoeksema aus Groningen, beenden auf ganz persönliche Weise

                                               den grausamen Krieg, als sie sich 1943 in einander verliebten. Das erforderte viel Mut von den beiden und wurde -

                                               selbst von niederländischen Verwandten -  zunächst als schwer erträgliche Zumutung empfunden,

                                               denn von 1940 bis zum 5.Mai 1945 hielten deutsche Truppen die Niederlande besetzt.                      

 

 

 

 

 

 

 

 

 

                                                          

                                                                       Nr 10a                   Waldsee 1957 ( Öl auf Hartfaser ) 68 x 90

 

 

 

 

 

 

 

                                                                                  

                                                              Nr. 11    Kopfweiden in der Jemgumer  Marsch  1947/48      ( ÖL auf Leinwand ) 80 x 82

Dieses Ölgemälde fasziniert in besonderer Weise. Scheinbar ungeordnet durchqueren knorrige verwachsene Kopfweiden das ganze Bild. Die strähnig wirren Zweige greifen kratzig in den Wolkenhimmel. Das Buschwerk verbreitet sich sperrig vom Ufer über die Weide. Und auch das Wasser im Tief wirkt kantig und unruhig. Nur kleine Randbereiche mit Mühle, Kühen, Kirchturm und Dorfwarft wirken wie idyllische Inseln.

Ästhetik des Hässlichen und Obskuren: Die Kopfweiden fasziniern. Mögen sie denn keine Schönheiten sein, so haben sie doch Charakter. So sehr, dass es keines Mondlichts bedarf, um ihnen jenen Hauch der Unheimlichkeit zu geben, die unsere Phantasie beflügelt, die bei den verwachsenen Weidenköpfen gar schreckliche Wesen hinein- und heraussieht.

Erich Schönfeld ist beileibe kein Heile-Welt-Maler. Das lässt sich auch nicht aus der Gegenständlichkeit seiner Bilder herleiten. Er inszeniert seine Werke in höchst eigenwilliger Weise, setzt unerwartete Akzente, untergräbt scheinbar idyllische Oberflächen mit hintergründig Phantastischem, verwirrend Überraschendem. Auch bei diesem Ölgemälde wird der Suchende fündig.

Brotlose Kunst? Dieses Bild malte Schönfeld in den schlechten Nachkriegsjahren 1947/48 für einen Leeraner Geschäftsmann. Als Honorar erhielt er monatelang Brot für seine Familie. Ein anderes Kunstwerk (ein Panoramabild der Schneekoppe in Schlesien) wog ein Remelser Landwirt mit 30 Zentner Kartoffeln auf.

 

 

 

 

 

 

 

                                                    

                                                                          Nr. 11a             Kopfweiden in der Jemgumer  Marsch 1950 ( Pastell ) 48 x 70

Variationen über ein Thema sind nicht nur in der Musik überraschend: Die sanften Übergänge und zarten Verwischungen geben dieser Pastell-Komposition eine zauberhaft unwirkliche und poetische Stimmung. Wie unheimliche struppige Kobolde stehen die drei Kopfweiden vor dem neblig zerfließenden Weideland. Es würde nicht allzu sehr wundern, wenn sie das Bild gleich verließen.

 

 

 

 

 

 

                                                                                                                                       Nr.12                                           Die Jemgumer Mühle 1949 (Aquarell) 36 x 55

 

Erich Schönfelds vielfältige Arbeiten lassen sich – bei genauer Betrachtung – nicht leicht kategorisieren:

Spätimpressionismus, Naturalismus, Realismus sind mögliche Etiketten, die letztlich nur Teilaspekte seines meisterlichen Schaffens erfassen. Zweimal dieselbe Perspektive vom Turm der Jemgumer Kirche: malerisch gestaltet von Erich Schönfeld, fotografisch festgehalten von seiner Tochter Rosina.

.Der Künstler lässt die Lange Straße aus der linken unteren Bildecke leicht gebogen in den Bildmittelgrund laufen und arrangiert – im Anschluss daran - die Straßenbäume des Dukelweges zu einem Gegenschwung bis zur Horizontlinie. Die Häuserreihe an der Kreuzstraße führt er hinter der Mühle in einem leichten Bogen bis zum mittigen rechten Bildrand. Auf der Gegenseite leistet eine kompaktere Baumreihe für einen Gegenschwung zum linken mittigen Bildrand. Damit hat der Maler das platte Land mit einer ansprechenden Struktur gegliedert.

Das rechtwinklige Flügelkreuz der Mühle überragt prominent in lichtem Blau die erdig gebrochenen Farben von Dorf und Marsch.Langgezogene Pinselstriche beleben und bewegen die Landschaft – und ganz besonders die Dachflächen. Der fast monochrome Himmel - als Kontrast – verstärkt diese Wirkung.Der Maler-Vater sieht und gestaltet lebensvolle Landschaft, während die Camera der Tochter exakt fixiert. Aber selbst Photoshoppen würde keinen Schönfeld schaffen.

 

 

 

                                                            

                                                                       Nr. 13                                                  Die Jemgumer Mühle 2013

 

 

 

 

 

 

 

 

 

 

                                                         

                                                            Nr. 14                          Die Schneekoppe in Schlesien    1960   ( Öl auf Leinwand )

 

      

 

 

 

 

 

 

                                                                

                                                                       Nr. 15                         Eichen am See  1955 ( ÖL auf Leinwand) 75 x 100

Gegenständliche optische Wahrnehmung ist allgemein menschlich und  alltäglich. Erich Schönfeld kommt daher den Betrachtern mit seiner gegenständlichen Darstellungsweise fraglos entgegen, wenn auch seine Werke – wie verschiedentlich angemerkt – tiefere und leicht verschlüsselte Ebenen aufweisen, die die oberflächlich eindeutige Gegenständlichkeit auf vertrackte Weise verstören:

Erich Schönfeld nutzt vorhandene Strukturelemente und Farbmuster, die offensichtlich und oberflächlich der Darstellung von Sachen, Pflanzen, Tieren oder Menschen dienen, in einer Zweit-Verwendung zu einer geradezu abwegigen und versteckten Darstellung zusätzlicher phantasievoller Gestalten, die sporadisch eigene Bildzusammenhänge bilden. Das trifft auch auf dieses Ölgemälde zu. Das aber ebenso ein Beleg dafür ist, dass Schönfeld der Nachwelt reizvolle Spuren seines Wirkens hinterlassen hat: Viele seiner Bilder offenbaren dem Betrachter, was und wo der Künstler viel und gern geschaffen hat.

Im Rostruper Wald – hier am linken Bildrand – hat Schönfeld stimmungsvolle Impressionen gestaltet. Für dieses Bild hat er seine Staffelei aber direkt ans Ufer des Zwischenahner Meeres gestellt und eine Bucht zu einer friedvollen Einsamkeit gestaltet.Die wuchtigen Eichenstämme in abweisenden Grautönen kann das linke Bilddrittel kaum tragen. So braucht die Gesamtkomposition als Balance die wechselnden Zonen von Wolken und Wasser, von bauschigen Laubbäumen und streifigem Uferbewuchs.

 

 

 

                                                                                                                      

                                                                                                                           Nr. 15a  Baumstudie ( Kohlezeichnung)

 

 

 

 

 

 

                                                                   

                                                           Nr 15b     Kanallandschaft ( Öl auf Leinwand) 62 x 88

                                                                                                      

 

 

 

 

 

 

 

                                            

                                                                                                            

                                                       Nr. 16                                           Leda-Emsblick 1945

                       Der kalte Herbststurm fegt erbarmungslos übers Land. Die Sonne kann man nur blass erahnen.  Zu viele Wolken queren ihren Weg. 

                       Ein ungemütlicher Herbsttag geht bald zu Ende.   Dieses Bild entstand im Jahr 1945  -  sechs Monate nach der Kapitulation Deutschlands.

                       Erich Schönfeld lässt die Bäume in den goldenen Schnitt hineinfallen. Der Regen prasselt von rechts in die Landschaft.

                       So bekommt diese Szene eine starke Eigendynamik. 

 

 

 

                                                                                  

                                                                                                  Nr.16a            Marschland bei  Jemgum 1949  ( Öl auf Hartfaser

Ein Farbenspiel von Grün und Gelb. Gerundete Formen im unteren und oberen Bilddrittel – dazwischen eine glatte Fläche, die zunehmend von diagonalen Streifen gegliedert wird und auf die das Wasser des Tiefs  - gegenläufig diagonal - zugeführt wird. Am Horizont weit links in unstetem Sonnenlicht, das durch windgetriebene Wolkenlücken strahlt, die Jemgumer Warft mit Mühlen-Silhouette und davor Kühe.

Es ist lohnend, Erich Schönfelds Bildkompositionen mit Blicken ein wenig nachzuzeichnen und auf diese Weise dem Entstehungsprozess nachzuspüren. So nimmt die Bildbetrachtung einen dynamischeren und konstruktiven Verlauf, der den Gesamteindruck vielschichtiger gliedert.

Das kräftige pastose Grün der Weiden läßt den schweren tonigen Kleiboden der fruchtbaren Marsch ahnen. Es bildet einen wirkungsvollen Kontrast zu dem fast transparenten Farbauftrag der lichten Gelb-Grüntöne der Wolkenlandschaft, die in sich eine zusätzliche Spannung erhält durch die oben skizzierte Gliederung.

Schönfeld hat in diesem Bild die weite  Marschlandschaft distanzierend zwischen sich und die Mühle mit der Dorfwarft gelegt, die er im selben Jahr vom Jemgumer Kirchturm aus detailliert malt.

 

 

 

 

                                                                                           

                                                                                       Nr. 16b          Schloss Evenburg zu Leer

Ocker und Grün – Erich Schönfeld spielt mit allen Möglichkeiten der begrenzten Farbpalette, er kontrastiert und harmonisiert die verspielt-streng geometrische neugotische Architektur mit der gezogenen und frei wachsenden Vegetation des Schlossgartens.

Wenn Erich Schönfeld auch für dieses Ölgemälde eine Ansichtskarte zur Vorlage hatte, die das Schloss um 1920 zeigt, und eine bemerkenswert exakte Kopie auf Wunsch einer Tochter schuf, so verzichtete er keineswegs auf die künstlerische Freiheit, die realistische Fotografie mit seinen eigenwilligen mystisch-mysteriösen Wesen zu beleben. So bietet das Bild nicht nur reizvolle Augen-Blicke, sondern lädt auch ein zu phantasievollen Träumereien und konkreten Begegnungen mit Schönfeldschen Schlossgeistern und Fabeltieren. Schloss Evenburg und Schlosspark sind seit 1975 Eigentum des Landkreises Leer, der durch bemerkenswertes finanzielles Engagement aus einem Kulturdenkmal eine Attraktion für alle Bevölkerungsschichten geschaffen hat.

 

 

                                                                          

                                                                                                            

                                                                                                  Dieses  schwarz/weiß Foto aus den 50ger Jahren  zeigt die Stelle,

                                                                                                  die der Künstler  durch seine eigene Interpretation gestaltet hat,

                                                                                                  wie Sie in den nachfolgenden Bilder sehen können.

                                                                    

 

 

 

 

 

 

 

 

                                                                      

              

                                                                                      Dieses hervorragende Ölgemälde aus dem Schlosspark zu Leer schuf Erich Schönfeld 1956 

 

 

 

 

                                                                                  

                                                                                               

                                                                               Nr.17                           Schlosspark Leer 1956

 

 

                                                       

                                                                      Nr. 17a                           Schlosspark Park,  Leer1959 ( Aquarell )

 

 

 

 

 

 

 

                                                         

                                                                Nr. 17b                              Evenburg Park, Leer 1959 ( Aquarell )

Es ist immer von neuem faszinierend, Erich Schönfeld – quasi nachträglich - bei seiner gestalterischen Arbeit zuzuschauen. Diese fiktive Einsicht ermöglichen u.a. Bilderserien von demselben Motiv – wie hier der Blick aus dem Evenburgpark hinaus zum Ledadeich im Süden. Man ist fast geneigt, diesen schönen Flecken im Schlosspark „Erich Schönfelds [einen] Malerwinkel“ zu nennen.

Die 1959er Aquarelle zeichnen sich dadurch aus, dass der Künstler mit breiter und flüssiger Pinselführung und Laviertechnik den Gegenständen die abgrenzende Härte und Schärfe nimmt. Schönfeld schafft auf diese Weise vom Grundton her zusammenhängende Farbflächen, die er als strukturierende Streifen durch die Aquarelle malt. Er erreicht damit eine gleichsam abstrahierende Wirkung. Durch Farbverwischungen und Farbtupfer erhält das Aquarell eine zusätzliche fließende und Begrenzungen auflösende Dynamik, die den Blick des Betrachters vorrangig auf die Farbkomposition konzentriert.

Dabei achtet der Künstler aber konsequent darauf, dass die gegenständliche Struktur nicht verlorengeht. Kontrastierende klare graphische Strukturen geben den Farbflächen ein Gerüst und dem Betrachter konkrete, orientierende Sehhilfen. Schönfeld-Kenner wird es nicht verwundern, dass der Meister seine Bildergeister gerade auch durch den Farbenrausch seiner Aquarelle spuken lässt.

Es ist höchst ratsam – unbeeinflusst durch analysierenden Text – die Aquarelle des Erich Schönfeld direkt auf sich wirken zu lassen, sich der gemalten Stimmung zu öffnen.

Der großartige englische Maler [Joseph Mallord] William Turner (1775 - 1851) hat mit seinen eigenwilligen farbintensiven und stimmungsvollen Aquarellen dieser Kunsttechnik in der Moderne zum Durchbruch verholfen und die Impressionisten nachhaltig beeinflusst.

 

 

 

 

 

 

 

 

 

 

                                    

                                         Nr. 17c                                                        Evenburg Park Leer 1960 ( Aquarell ) 

Vier markante Bäume im Bildvordergrund geben diesem Aquarell eine dramatische Linksdynamik, die das Bild kippen lassen könnte; zumal die Verwurzelung von dreien am Teichrand wenig stabil erscheint. Selbst der Uferbewuchs vorne rechts unterstreicht diese einseitige Neigung. Und die lichte Öffnung zum Horizont [unterhalb der mittleren Baumriesen] bildet alles andere als einen optischen Widerpart. Vage Spiegelungen im Teich, dürre tote Äste und ein lichter Block betont vertikal und parallel ausgerichteter leicht hingetupfter Koniferen und duftiger weißer Schönwetterwolken geben dem Aquarell eine bewegte ausgeglichene Stimmigkeit.

Dasselbe Motiv – aber die drei Bäume auf dem jeweils gegenüberliegenden Teichufer scheinen sich gegenseitig  vital zu stützen, bilden gleichsam das natürliche Fenster für den Mühlenblick. In diesem Blickdreieck scheint die kleine Mühle vergrößert, die von roten Dächern gebildete Horizontlinie bedeutsam. Die von links nach rechts verlaufende Wasserfläche zieht den Hintergrund für den Betrachter weiter ins Zentrum des goldenen Schnitts [, mit dem der Künstler oft und meisterhaft gestaltet]. Auch hier erfüllen die vertikal und parallel ausgerichteten, klar unterscheidbaren Kiefernstämme ihre stabilisierende bildgestaltende Funktion, vor einer ockerfarbenen lockeren, aber geschlossenen  Farbfläche.

Der Baum am rechten Bildrand hat kaum noch Linksneigung, wirkt mit einer luftig verschatteten Krone weniger schwer. Die weißen Wolken schließlich scheinen in rechter Gegentendenz nach oben zu schweben.Das Fenster für den Mühlenblick ist zugleich ein Fenster in die Vergangenheit, denn die Mühle war schon über ein halbes Jahrhundert aus der Realität verschwunden, als Erich Schönfeld das Bild malte. So realistisch viele seiner Bilder [dank seiner breit gefächerten handwerklichen Könnerschaft] auch wirken, Schönfeld hat  abgebildete Realität immer meisterhaft künstlerisch gestaltet, überformt.

                                                                                              

 

 

 

 

 

 

                                     

                                               Nr. 18                               Der Evenburg Park zu Leer   1975    ( Öl auf Leinwand )

                                                                                         Die Mühle im Hintergrund wurde 1922 abgerissen

Das Fenster für den Mühlenblick ist zugleich ein Fenster in die Vergangenheit, denn die Mühle war schon über ein halbes Jahrhundert aus der Realität verschwunden, als Erich Schönfeld das Bild malte. So realistisch viele seiner Bilder [dank seiner breit gefächerten handwerklichen Könnerschaft] auch wirken, Schönfeld hat  abgebildete Realität immer meisterhaft künstlerisch gestaltet, überformt und versteckt mit surrealen Wesen bevölkert.

 

 

 

 

 

 

                                                          

                                                                     Nr. 19                  Schlosspark Leer 1978 ( Öl auf Hartfaser)

 

 

 

 

                                        

                                             Nr. 19a                 Evenburg  Park mit Meierhof 1973

Baumstämme und Äste strukturieren wesentlich dieses Bild. Dabei kontrastiert Erich Schönfeld die strengere Abfolge der Alleebäume mit ihren fast uniformen Stammstärken links mit den unterschiedlichen Baumstämmen in der freieren Anordnung englischer Gartenarchitektur rechts. Die breite Wasserfläche im Vordergrund unterstreicht die massive Wirkung dieser Parkbäume, während der weitere Grabenverlauf parallel zu der Böschung, der Allee und den gespiegelten Baumstämmen perspektivisch den Blick des Betrachters in den Goldenen Schnittpunkt zieht.

Ein bogenförmiger Ast eröffnet aber statt eines Durchblicks in die Ferne – ironischerweise – das Ende der Perspektive. [Verschmitzte ironische Brechung: Hier lohnt sich ein entdeckender zweiter Blick.]Auch die rote Farbfläche – spiegelnd verstärkt – relativiert zusätzlich die perspektivische Tiefenwirkung.   Ein typischer Schönfeld: vordergründig gefällig, hintergründig gehaltvoll.

 

 

                

                                                                                                                 

                                                                                                  Nr. 19b             Julianenpark Leer ( Pastell )

                                                                                                        

Mit diesem Bild – zwei Jahre nach der Weltkriegs-Katastrophe - demonstriert Erich Schönfeld, dass Pastell nicht zwangsläufig dem Betrachter mit sanften Farbübergängen schmeicheln muss. Kantige Baumtorsi vor fast kratzig schraffiertem Himmel schaffen mit ihren gebrochenen Brauntönen keine heimelige Wohlfühlwärme. Kalte Blau-Grün-Lila-Töne überwuchern die expressionistische Bildwelt.

Auch ohne Gebäuderuinen könnte dieses Bild in seiner klaren Kargheit  eine Bühnenkulisse sein für das deutsche Nazi- und Nachkriegs-Drama „Draußen vor der Tür“.

Und in diese zerfahrene Bildoberfläche schreibt Erich Schönfeld mit Bild-in-Bild-Graffiti seine sehr persönlichen, aufrüttelnd kritischen Anmerkungen ein: Dieses Werk ist es ganz besonders wert, eindringlich betrachtet und „gelesen“ zu werden.

 

 

                                                                                                      

                                                                                     Nr.19c     Waldlichtung im Schlosspark zu Leer 1970 ( Aquarell )

 

„Waldlichtung im Schlosspark“ scheint Erich Schönfelds Einladung zu sein, zu einem heiteren Spaziergang mit lieben Menschen. Im Schutz uralter Baumriesen finden sie unbeschwerte Erholung in ursprünglicher Natur, fernab der stressigen Zivilisation. Mit dem sommerlichen Sonnenlicht spielt Schönfeld üppig durch die Grüntöne seiner Farbpalette.Mit diesem oberflächlichen Eindruck hakt der flüchtige Betrachter Schönfelds Kunst als gefällig unterhaltsam ab. Allerdings hat Erich Schönfeld keineswegs Heile-Welt-Naturalismus produziert.Wohl hat er nie die Flucht vor der Gegenständlichkeit in die [oft unverbindliche] Abstraktion ergriffen. Vielmehr hat er immer die sinnenhafte Wahrnehmung der Realität zur Grundlage seines Werkes gemacht und mit seinen exzellenten Fähigkeiten sinnlich Wahrnehmbares gestaltet.

Aber er hat stets als Vermittler gearbeitet, als der Künstler, der zwischen der wahrgenommenen Realität und der gestalteten Wirklichkeit des Kunstwerkes steht. Kultur distanziert [sich] zwangsläufig von der Natur. Erich Schönfeld ist Spieler, der Homo ludens im klassischen Sinn, wie er u.a. von Schiller charakterisiert wurde: „Der Mensch spielt nur, wo er in voller Bedeutung des Wortes Mensch ist, und er ist nur da ganz Mensch, wo er spielt.“

In all seinen Werken [Gemälde, Graphiken, Drucke] spielt der Ästhet Schönfeld mit den Möglichkeiten seiner Kunst, aber auch mit den Wahrnehmungsmöglichkeiten der Betrachter. Sichtbarer Ausdruck dafür – und geradezu ein Charakteristikum von Schönfelds Arbeiten – sind seine unzähligen Bild-in-Bild-Graffiti, die er mehr oder weniger offensichtlich in seine Werke  organisch eingewoben  hat.

 

 

 

 

                                                           

                                              

                                                    Nr. 19d              Linde im  Schlosspark zu Leer 1968 (Aquarell ) 45 x 62

Erich Schönfeld pflanzt seinen Baum in den Goldenen Schnitt, holt nur den unteren Stamm ins Bild und konzentriert unseren Blick somit auf das Wesentliche. Die gewaltige vertikale Wucht des Stammes aber gleicht er spielerisch aus durch schwungvoll das Bild querende Äste und Zweige. Mit graphischer und farblicher Raffinesse lockert er die rissig-kantige Borke, so dass sie fast schlangengleich an Stamm und Ästen entlangzugleiten scheint. Im luftigen Laub schließlich löst sich alle knorrige Härte des Holzes auf. Schattige Konturen rechts und vorn wandelt strahlendes Sommer-Sonnenlicht zu schwebend schwingenden Farbspielen: Grün in allen Varianten, Rot als Kontrapunkt.  Eine bewegte Bildkomposition und eine bewegende – zumindest für den Betrachter mit dem zweiten Schönfeld-Blick:  Erich Schönfeld, der schon als Kind mit seiner übersprühenden Phantasie Bilderbuchszenen wie im Trickfilm belebte.  Erich Schönfeld, der schon zu Studienbeginn mit der Präzision seiner Zeichnungen Professoren preiswürdig beeindruckte.

Erich Schönfeld gestaltet in seinen Werken den Zusammenklang von der  vordergründig realistischen Gegenständlichkeit und der hintergründig subversiven magisch-mythischen Gegenwelt seiner Bild-in-Bild-Graffiti.   

 

 

 

 

 

 

                                                                                                                                                                 

                                                                                                     Nr. 20     Baumstudie 1959 ( Buntstiftzeichnung)                                                               

 

Viele seiner Sujets hat Erich Schönfeld als Plein-Air-Maler, der er wesentlich auch war, außerhalb seines Ateliers gefunden und vor Ort skizziert und auch gemalt. Bäume haben ihn immer wieder und ganz besonders fasziniert; in vielen seiner Werke sind sie wichtiger Bestandteil, oft auch Hauptmotiv der jeweiligen Komposition.

Grafisch äußerst ergiebig sind die Stämme mit ihren Ästen und Zweigen, ihren markanten Rinden. Malerisch reizvoll ist das Laubwerk, als Spiel von Licht und Schatten und den jahreszeitlichen Verfärbungen. Schließlich lassen sich mit gekonnter Anordnung von einzelnen Bäumen oder ganzen Baumgruppen eindrucksvolle bildkompositorische Strukturen erreichen. Es lohnt, sich einen eigenen unbeeinflussten Gesamteindruck von dieser Baumstudie zu verschaffen. Dann dürfte diese Komposition – in all ihren vollendeten Details – ein besonderer ästhetischer Genuss werden und der Titel „Studie“ dahingehend recht verstanden werden, dass es sich nicht um eine flüchtige Skizze, sondern um eine intensive Auseinandersetzung mit einem vereinzelten Gegenstand mit einem großartigen bildnerischen Ergebnis handelt.

Mutig legt Erich Schönfeld den Baumstamm [dazu noch auf leicht abschüssiger Böschung] diagonal aufwärts durch das ganze Bild, um dann spielerisch mit ein paar Ästen ein grafisches Gleichgewicht zu erschaffen. Wie er die Borke aus unzähligen farblich nuancierten Strich-Elementen erschafft, lässt sich textlich nicht beschreiben, muss genussvoll optisch wahrgenommen werden.

Das arg ramponierte Ast- und Zweigwerk setzt der Grafiker Schönfeld meisterlich in Szene und verleiht ihm mit dem malerisch luftigen Laub eine unerwartete Vitalität, akzentuiert noch durch frühlingshaft himmlisches Blau. Respektvoll gegenüber dem vegetativen Leben reduziert Erich Schönfeld diesen zerzausten Baum nicht zum Bonsai-Torso; vielmehr lässt er ihm Lebensraum über den Rahmen seines Abbildes hinaus.

 

 

                                                          

                                                                                                               

                                                                                                       Nr.20a             Baumstudie, 1959, (Pastell)

 

Es ist äußerst reizvoll, zwei verschiedene Ausführungen eben desselben Motivs miteinander vergleichen zu können. Wie viele Maler vor ihm hat auch Erich Schönfeld Sujets in mehreren Variationen gestaltet und dabei gelegentlich mit unglaublicher Genauigkeit das Grundthema [hier: den Bildgegenstand] kopiert und doch mithilfe von verschiedenen Maltechniken, Strukturierungen und Farben jeweils erstaunliche Variabilität geschaffen.

Bis in die feinsten Verästelungen sind die beiden Bäume nahezu identisch, wirken dennoch nicht geklont langweilig. Mit grafischen Mitteln [z.B. längere Strichführung] und durch farbliche Gestaltung [z.B. größere zusammenhängende aufgehellte Flächen] erscheinen Stamm und Äste gestreckter, schmaler, leichter und zugleich hölzerner. Das Laubwerk ist lichter gestaltet und scheint durch Verwischungen fast sanft bewegt. Durch den Himmels-Hintergrund mit seinem luftigen Hellblau erhält der Baum eine gesteigert klare Leichtigkeit und die Gesamtkomposition gewinnt räumliche Tiefe.

                                                           

                                                                                                                          

 

                                                                                                                   

                                                                                                      Nr.20b  Schlosspark Leer 1949   ( Aquarell )

Mit breiter Pinselführung, ausgefeilter Laviertechnik und blau-schwarz getöntem Grün drängen mächtige Baumriesen in das Bild. Breite vertikale Linien ordnen die heftig divergierenden Farbflächen. Verästelungen – mit feinster Pinselspitze gezeichnet – kontrastvoll vor lichtem Hintergrund und sanft grüne, ocker-durchmischte Farbflächen setzen jenem Gewicht Leichtigkeit entgegen, fangen es auf.

Aquarelltechnik [wie auch Pastell und Kohle] scheint dem Maler und Zeichner Erich Schönfeld bewundernswerte künstlerische Gestaltungsmöglichkeiten zu eröffnen. Er konzentriert sich auf einen kleinen Landschaftsausschnitt und schafft beeindruckende Dichtigkeit der Darstellung: Ein bildschönes Landschafts-Stilleben – wäre man geneigt zu sagen -, auch wenn da die belebenden Schönfeldschen Waldgeister ihr schelmisches [Un-]Wesen treiben.

Es mag dem Betrachter helfen, auch Schönfelds weiter ausgreifende Landschafts-Darstellungen einmal unter einem solchen Aspekt der Konzentration wahrzunehmen: Auch bei den ausgedehnten Landschaftsbildern vermeidet Erich Schönfeld den zerstreuenden Panoramablick; vielmehr setzt er die ausgewählten Gegenstände und Landschafts-Ausschnitte so ins Bild, dass sie den Blick des Betrachters auf das Essentiell

 

                                    


 

                                                                                                               

                                                                                          Nr. 20 d   Evenburg zu Leer 1970  vor dem Umbau  ( Aquarell )   

Das Bild hat ein wenig dokumentarischen Charakter: Der Außenputz ist fleckig geworden, die nüchterne Notbedachung bedrückt die verspielte neogotische Architektur, die Vegetation scheint ungezügelt wie eine gewaltige Hecke das Schloss zuzuwachsen, keine Menschenseele weit und breit. Ein märchenhaft wehmütiger Reiz liegt auf diesem Aquarell mit dem bezaubernden vital vielfältigen Grün vor dem leicht morbiden Ocker des Schlosses Evenburg. Für Erich Schönfeld, der die Evenburg und ihren Park liebte, hatte der Schlossbau mit dem Notdach und der baulichen Vernachlässigung seine Seele verloren.  Anders als im Märchen kam aber kein Ritter zur Rettung des verfallenden Schlosses, sondern es war seit 1975 die Bürokratie [sprich: der Landkreis Leer], die das Schloss restaurierte und zu heiterem Leben erweckte. Letztlich wohl doch ein Märchen.

 

 

                                            

                          Nr. 20 e          Evenburgpark, Leer 1961 ( Aquarell )                                                            Nr. 20f  Evenburgpark, Leer 1956 ( Öl auf Hartfaser )

Im Schlosspark der Evenburg hat der Plein-Air-Maler Erich Schönfeld immer wieder reizvolle Motive gefunden. Für den Betrachter ergibt sich bei der Gegenüberstellung dieser beiden Bilder eine zusätzliche Faszination: Dasselbe Motiv, von demselben Standpunkt aus gemalt, resultiert in zwei eigenwillig eigenständigen Werken.

Das dürfte von sich aus zum vergleichenden Entdecken herausfordern. Daher nur ein paar kurze Anmerkungen:

Elf Jahre trennen die Werke; kräftige Ölfarben kontrastieren mit luftigem Aquarell; sommerlich üppige Vegetation in weichem Sonnenlicht hier – herbstlich schweres Laub in erdig gebrochenen Farben dort. Die diagonal gegeneinander geneigten Baumstämme geben den Bildern eine dynamische Binnenstruktur, die Schönfeld in der 1961er Herbst-Version durch Teilentblößung und farbliche Akzentuierung von Stämmen und Ästen noch virtuos steigert. Und dann diese kleine leuchtend rote Dachfläche, mit der der Künstler das Idyll ironisch bricht. Hintergründig gestalteter Naturalismus.

Eine weitere [typisch Schönfeldsche] Brechung erfahren die schlüssig und ansprechend gestalteten Bildoberflächen durch magisch-mythische Bild-in-Bild-Graffiti [in der Manier von Vexierbildern], die sich dem Betrachter erst mit dem zweiten und dritten Blick erschließen.

   

 

                                                                           

                                                                                 Nr 21   Burg Turm, Stickhausen, Detern 1975, (Aquarell) 45 x 63

Erich Schönfeld setzt den Burgturm von 1498 prominent in den Goldenen Schnitt. Mit eindrucksvollen Rottönen und klaren Konturen kontrastiert er ihn gegen das unbestimmte Grün.Der blaue sechseckige Dachhelm und der goldene Wetterhahn heben sich effektvoll ab gegen einen rosa dunstigen Himmel:realistischer Naturalismus des begnadet präzisen Zeichners Schönfeld.

Rötliche Farbspuren lenken den Blick des Betrachters zum rostfarbenen Hohlweg im Vordergrund, der sich düster effektvoll gegen die Grünflächen abhebt. Bäume in schattigem Blau-Grün  mit kurvigen Stämmen rahmen den Rundturm, säumen den Weg und umschließen die Burg Stickhausen wie ein vergessenes Relikt aus unwirklicher Vergangenheit.

Auch der ungeübte Schönfeld-Betrachter wird sich nun leicht vom Künstler führen lassen in eine magisch-mythische Welt, die ihn unerwartet und in vielfältiger Gestalt aus den Farbflächen entgegenblickt: Bild-in-Bild-Graffiti. Erich Schönfeld spielt mit unserer Phantasie und unseren optischen Möglichkeiten und Unzulänglichkeiten.Deshalb können wir uns seine Bilder auch nur in der Kombination von realistischem Klarblick und lebendiger Phantasie letztlich erschließen.

Surnaturel – surrealistisch - magischer Realismus: das sind Begriffe, mit denen man sein Werk vergeblich kategorisieren wollte. Es entzieht sich geschmeidig einer solchen Fixierung.

 

 

 

 

 

 

                                                

                                                                              

                                                            

                                                                              Nr. 21a                   Jümme bei Wiltshausen, Pünte 1961 ( Pastell )  35 x 45

 

Das muss doch bei der „Pünte“ sein, vom Wiltshauser Jümmedeich aus gesehen, links das Amdorfer Ufer, dahinter die Leda und blaugetönt am Horizont der Evenburgpark in Leer-Loga ... Und wer nicht ortskundig ist: Sattgrüne Flussmarschen-Landschaft, rot-leuchtende Ziegeldächer, bläulich schimmernder Fluss, plastisch gestaltete Wolken ziehen unter sanftem Himmelsblau. Es ist Spätsommer.  Wir folgen Erich Schönfeld besonders gern in das ländliche Idyll, weil er unsere Phantasie einlädt: In unserer Vorstellung können wir die ruhig dahin mäandrierende Jümme entlangwandern. Denn Schönfeld malt uns in diesem Pastell nur einen kleinen Abschnitt, verbirgt den weiteren Flusslauf hinter der nahen Biegung, so wie er mit üppigem Buschwerk und Laubkronen nur eine farbige Ahnung von Häusern und Landschaft skizziert.

Und ein wenig verstört er unsere seligen Tagträumereien mit der steil abgebrochenen lehmigen Uferkante am Prallhang, deren Spiegelung das Wasser leicht tönt, mit den struppigen kahlen Ästen, dem mächtigen düstergrünen Laub vor der geschlossenen grauen Wolkendecke aus Nordwest.

Erich Schönfeld hat Werke geschaffen, die dem flüchtigen Betrachter spontan ästhetischen Genuss bieten. In seiner dezenten Weise aber hat er immer wieder meisterlich graphische und malerische Akzente und Signale [bis hin zu verwunderlichen surrealen Vexierbildern] eingearbeitet, die sich erst bei verweilender Betrachtung erschließen. Schönfelds Werke laden den Betrachter zu einem inneren Monolog ein, lassen ihm Raum und Muße für die eigene schöpferische Phantasie.

Die als „Pünte“ bekannte Prahmfähre [1562 erstmals beurkundet] „überbrückte“ die Jümme kurz vor dem Zusammenfluss mit der Leda auf einem wichtigen Handelsweg zwischen Westfalen und Emden. Sie ist die älteste handgezogene Fähre Nordeuropas und wird in vorbildlicher Weise von einem Verein ehrenamtlich von Mai bis September betrieben.

 

                                   

                                                     

 

                                                                                          

                                                                            Nr.21b                   Mühle in Bunde 1959  ( Öl auf Leinwand )

Ins warme Gegenlicht der Sommermittagssonne setzt Erich Schönfeld den Bunder Galerieholländer, zeichnet die architektonische Silhouette farbig gegen dunkle Wolken. Das gebrochene Backsteinrot der Gebäude kontrastiert mit den ausgedehnten Flächen verschiedenster Grüntöne. Die Baumreihen an der Mühlenstraße, die Gebäudereihung, der Müller auf der Galerie, die gestikulierende Müllerin, die Wäsche auf der Leine, der Schlot und die Blüten der Schwertlilien, deren Alt weiß auch in der Wolle der Schafe aufleuchtet – all das  zieht den Blick perspektivisch  zur fernen Kreuzkirche. So erreicht der Künstler ein spannungsreich labiles Gleichgewicht zwischen den unterschiedlich angefüllten Bildbereichen. Auch in diesem Ölbild lassen sich Bild-in-Bild-Graffiti [quasi als Spezialsignatur] Schönfelds entdecken.

 

 

 

 

 

 

 

 

 

                                                                                                  

                                                                                   Nr. 22                             Mühle in Ostfriesland

Erich Schönfeld komponiert ein Farbenspiel mit leuchtend rötlichen und ockerbraunen Tönen, verstärkt durch den Kontrast von Grün und Blau. Der mächtige Galerieholländer streckt sein Flügelkreuz dem südöstlichen Sommerwind ruhig entgegen. Üppige Kumuluswolken segeln von rechts in die Bildwelt; und in der Gegenbewegung treibt ein Mädchen eine Schar Gänse. Aber auch der hoch aufragende Schatten wird unaufhaltsam in das Feierabend-Idyll hineinkriechen, es düster einhüllen. Bild-in-Bild-Graffiti auch in diesem Ölbild – wie eine zweite intime Signatur des Künstlers.

 

 

 

 

 

 

                                     

                                               Nr. 22 a                           Mühlen in  Weener 1946 ( Öl auf Leinwand )

Geradezu tailliert ragt der Mühlenkörper [prominent im Goldenen Schnitt] in den wolkenbewegten ostfriesischen Himmel, akzentuiert durch drei wuchtige, schwungvolle Flügel; auch die zweite defekte Mühle hebt sich klar gegen den Hintergrund ab. Dynamisch keilförmig schieben sich Gebäude, Bäume, Schilf und Schloot in die weite flache Marsch.

Die scheinbar eintönig grüne Marschlandschaft inszeniert Erich Schönfeld zu einer formal und farblich vielgestaltigen und bewegten Szene. Vom dunkelsten Grün bis zum leuchtenden Maisgrün reizt er die begrenzte Farbpalette so gekonnt aus, dass er Vegetation, Mühlen und Wolken allein mit diesem Grundton differenziert gestaltet. Rote Dächer und blaue Himmelsflächen setzen kontrastierende Akzente in dieser grünen ostfriesischen Landschaft.

Biografisch mag dieses Werk auch gesehen werden als ein Beispiel, wie intensiv sich der Berliner Künstler 1946 – also schon im ersten Jahr - mit seiner neuen Heimat auseinandergesetzt hat.

 

 

 

                                                                                               

                                                                          Nr. 23             Mühlen in Weener 1947   ( Linolschnitt )  42 x 62

Die scheinbar spröde Marschlandschaft fasziniert ganz offensichtlich den einstigen Großstadtmenschen, der sich nach der Weltkriegskatstrophe in Leer eine neue Existenz aufbaut. So greift er das Mühlen-Motiv ein Jahr später [1947] wieder auf und gestaltet aus einer unterschiedlichen Perspektive eine eindrucksvolle Impression vom Rheiderland. Mit meisterlicher Schnitt-Technik arbeitet Schönfeld die Objekte - akzentuiert durch das Gegenlicht - voluminös und klar bis ins Detail heraus. Er arbeitet eindrücklich eine stürmische Atmosphäre in der Marsch am Dollart heraus und gibt dem Werk eine zusätzliche Spannung, indem er die barock üppigen Wolkenmassen mit der formstrengeren Landschaft um Weener kontrastiert. In einer Dreiecksformation bindet Schönfeld die perspektivisch verkleinerte Bunder Mühle gekonnt in die Gesamtkomposition ein.

Lustvoll verlieren kann sich der Betrachter in der überreichen Vielfalt grafischer Strukturen, die ein Bild voller Dynamik und einiger Bild-in-Bild-Graffiti zaubern. 

Während seines siebenjährigen Kunststudiums in Berlin hat Erich Schönfeld sich auch die verschiedensten Varianten druckgrafischer Verfahren angeeignet; insbesondere seien in diesem Zusammenhang neben seinem hochverehrten Professor Emil Orlik, die Professoren Bangemann, Böhm, Hoyer und Michel erwähnt. Seine erste künstlerische Auszeichnung erhielt er während seines Studiums für seine Radierung „Das Fenster“.

In den 1970er Jahren schließlich richtete er eine drucktechnische Werkstatt in der Volkshochschule Leer ein und leitete sie.

 

 

 

                                                                            

                                                                                     Nr. 24                  Studie , Mühlen in Weener  1955 ( Bleistift)

Es sind nicht nur neun Jahre vergangen, als Erich Schönfeld – diesmal mit Bleistift – den nahezu gleichen Landschaftsausschnitt von 1946 neu gestaltet. Politisch und persönlich sind auch die Nachwirkungen des Weltkrieges bewältigt worden. Und es wird nicht das letzte Mal sein, dass Schönfeld sich bildnerisch mit einem Mühlen-Motiv auseinandersetzt. Sogar noch kurz vor seinem Tod hat er eine Radierung mit einer Mühle begonnen, die er nicht mehr vollenden konnte.

Es dürfte die markante Architektur dieser vorindustriellen Produktionsstätte gewesen sein, die den bildnerischen Künstler besonders angesprochen hat. Es dürfte auch das Bewusstsein gewesen sein, dass er Zeitzeuge des Untergangs einer großartigen über Jahrhunderte entwickelten Technologie wurde. Zudem sind Mühlen – im Wortsinn – herausragende Phänomene in der flachen ostfriesischen Landschaft. Sie waren neben der Kirche auf den Dörfern das zentrale Bauwerk, das das tägliche Brot sicherte. Schließlich mag für Erich Schönfeld noch ein persönliches Moment hinzugekommen sein: Seine Ehefrau Klaziena [Hoeksema] stammte aus dem Mühlenland schlechthin: Holland.

 

 

 

 

                                                                           

                                                                   Nr. 24a                Mühlen in Weener 1955     ( Öl auf Hartfaser )

Im selben Jahr [1955] gestaltet Erich Schönfeld das Motiv von 1946 in fast identischer Ausführung. Inhaltlich stimmen die Bilder [in derselben Technik erstellt] weitestgehend überein. Formal und vor allem farblich differieren sie aber erheblich.   Fast statisch wirkt nun der breit herausgearbeitete Galerieholländer in expressionistischem Abendrot; die Flügel-Jalousien wirken cremig, fast zerfasert. Nur noch schemenhaft erscheint die zweite flügellose Mühle im Hintergrund. Schatten im rechten Vordergrund ziehen den Besiedlungskeil in die Breite, nehmen ihm alle Dynamik.

Ist dies Erich Schönfelds respektvoller malerischer Abgesang auf eine jahrhundertalte herausragende Technik, angesichts rasanter neuzeitlicher Entwicklungen in Technik und Industrie? Für Schönfeld-Kenner: Auch in diesen Werken finden sich Bild-in-Bild-Graffiti.

 

 

                                                                    

 

 

                                                   

                                                                            Nr.25                  Mühle in Ostfriesland 1980  ( Kugelschreiber )

 

Kugelschreiber – ein wenig geläufiges Zeicheninstrument für einen meisterlichen Graphiker wie Erich Schönfeld.  Da die Strichstärke praktisch invariabel ist, müssen die Körperlichkeit, Hell-Dunkel- und Tiefen-Wirkung allein durch Strichführung und –dichte erreicht werden: eine besondere Herausforderung an den Künstler.

Die eigenwillige, aber funktionsgerechte Architektur der Windmühlen in den flachen Weiten Ostfrieslands hat den Graphiker und Maler Schönfeld immer wieder inspiriert: Flügelkreuz, Galerie, Steert an der Kappe des  massigen Mühlenturm bilden ein reizvolles Ensemble der Gegensätze.

Den wuchtigen Mittelteil des Mühlenkörpers kaschiert Schönfeld mit dem lockeren Laub- und Zweigwerk eines Bäumchens und setzt ihn gegen die vom Mond aufgehellten Wolken, umgibt ihn mit hellen und  geschwungenen Booten und Balken und dem bewegten Wasser im Schloot. Jenseits bilden Häuser, Baumkronen und Wolken im Nachtdunkel das gestalterische Gegengewicht.  In Gemälden hat Erich Schönfeld seine Bild-in-Bild-Graffiti oft unter einer dünnen schützenden Farbschicht verborgen, während sie in seinen Graphiken auch für den flüchtigeren Betrachter gelegentlich in Erscheinung treten.

 

 

 

                                                    

                                                                      Nr 26  Mühle in Ostfriesland, unvollendet 1983

 

In dieser Radierung arbeitet Schönfeld die düsteren graphischen Elemente der spezifischen Mühlenarchitektur differenziert und klar heraus, so dass sie sich gegen den nachtdunklen wolkenbewegten Himmel körperlich abheben. Zugleich aber strukturiert er die kantig sperrige Mühle neben den gerundeten Baumkronen und die welligen Wolkenränder zu einer schwungvollen Einheit.

Diese graphische Skizze mit eindrucksvoller Bildwirkung veranschaulicht, dass auch [scheinbar] Unvollendetes höchst vollendet wirken kann. Sie gibt dem Interessierten Einblick, wie Erich Schönfeld den Bildaufbau gestaltet. Sie beweist auch, daß der Künstler seine Bild-in-Bild-Graffiti von Anfang an in die Bildgestaltung integriert hat. Darüber hinaus mag sie den Betrachter einladen, mit eigener Phatasie bildnerisch tätig zu werden.  Der nachdenkliche Schönfeld-Kenner mag einen Augenblick innehalten:

Ist dies doch eines der letzten Werke des Erich Schönfeld (1904 – 1983). Mag es auch als unvollendet katalogisiert sein, ästhetisch ist es bestechend wie jene Sinfonie in hmoll, die „Unvollendete“,  von Franz Schubert.  Als erläuternder Text findet sich auf einem Blatt:„… (E. Schönfeld stirbt während dieser Arbeit.) Posthum von der Platte gedruckt. …“

 

 

 

                                                      

                                                                         Nr 27  Ostfriesland 1970 ( Öl auf Leinwand ) 40 x 80

Auf den ersten Blick scheint Erich Schönfeld ein friedvolles nostalgisches ländliches Idyll gestaltet zu haben.

Doch die Mühle in ihrem zart rötlich-braunem Ton ragt prominent im Goldenen Schnitt in die Bildwelt, im Abglanz fast übernatürlicher Sonnenstrahlen. Mit ihrem Flügelkreuz lenkt sie den Blick auf sommerliche gerundete Wolkenberge, die im indirekten Sonnenlicht strahlen.Beunruhigend aber die energischen rötlichen Pinselstriche, die die Wolkenlandschaft - bevölkert von mythischen Gestalten - fast schmerzlich umherzuwirbeln scheinen. Und hinterrücks vom rechten Bildrand schiebt sich eine dunkle Wolkenbank in das vermeintliche Idyll.

Dieses Schönfeld Gemälde bleibt dem oberflächlichen Blick in Wahrheit verschlossen. Der Betrachter aber, der sich ein wenig Muße und Phantasie gönnt, vielleicht auch mit Marc Chagall seinen Blick geschult hat, braucht keinen weiteren Text.

 

 

 

 

 

 

 

 

                                                                       

                                                                                        Nr. 27a                      Bauern Kate ( Aquarell )

Von links nach rechts aufwärtsstrebend bilden die Baumkronen eine dynamische Diagonale, die der Betrachter gedanklich den Dachfirst entlangführt, der dadurch eine akzentuiert überhöhte Perspektivsteigung erhält, die aber jäh abgebrochen wird durch den Schornstein mit Abdeckscheibe am Hausgiebel und die dürre Astgabel, die aus dem satten Laub unvermittelt hervorsticht. Die Baumreihe und der Schloot bilden die Seiten eines gleichschenkligen Dreiecks. Diese geometrische Harmonie wird durch das Brückengitter, die Farbreflexionen im Schloot, den Sandweg und die Furchen vor dem Haus durchbrochen.

Sommerliche Mittagshitze scheint über dem Land zu lasten. Tür und Fenster sind schützend geschlossen; nur die aufgeklappte Stalltür lässt die schwüle Wärme ein. Die schwefligfarbenen Wolken könnten sich zu einem abendlichen Gewitter zusammenballen.

Das sommersatte Grün der Vegetation in vielfältigen Nuancen kontrastiert Erich Schönfeld mit den verschiedenen Rottönen von Haus, Stall und Brücke. Eine unaufgeregte Szenerie, die den Betrachter zu kleinen entspannten  Entdeckungsspaziergängen in diesem abgeschiedenen Stückchen Welt einlädt. Sollte er sich ein paar Minuten Muße gönnen, dann wird er damit beginnen, zwischen die scheinbar festgefügten Formen dieses in sich ruhenden Idylls zu blicken. Er wird unerwartete rätselhafte Gestalten aufdecken; und je mehr er sich auf die Entdeckung immer neuer irrealer Wesen einlässt, desto mehr wird er [gleichsam im Einklang mit Schönfelds surrealer zweiter Bildwirklichkeit] das scheinbar schlüssige Bild-Ensemble zwangsläufig zergliedern, stellenweise gar auflösen. Und der hintergründig humorvolle Künstler würde ihm schmunzelnd und ermunternd zuschauen.

Zu Risiken und Nebenwirkungen: Die vexierbildartige Doppelbödigkeit praktisch aller Schönfeldschen Bildwerke wurde erst durch die intensive Auseinandersetzung mit dem künstlerischen Nachlass beim Aufbau der Homepage entdeckt und [dank der großen Anzahl verfügbarer vielfältiger Arbeiten] immer von neuem als ein Schönfeld-Spezifikum und konstitutiver Teil seiner Bildkompositionen verifiziert.

Allerdings [und dies mag man mit einem Schmunzeln zur Kenntnis nehmen] berichten kundige Betrachter, dass sie auch bei Schönfelds Werken jenen Effekt erleben, der bekannt ist von Bildern, die allein als Vexierbilder konzipiert sind. Dort gibt es einen optischen Umkehreffekt: Wenn der Betrachter erst einmal mühevoll das im Vexierbild verborgene zweite Bild entdeckt hat, dann wird er feststellen, dass ihm bei erneutem Betrachten ebendieses Zweit-Bild geradezu optisch anspringt und die ursprünglich kaschierende Zeichnung überdeckt.

Ebendieser Effekt stellt sich bei einigen Schönfeld-Werken besonders intensiv ein und wirkt auf den naiven Bildgenuss ein wenig verstörend – eine Wirkung, die Erich Schönfeld durchaus kalkuliert hat, was sich u.a. an unvollendeten Werken verifizieren lässt, bei denen er während des zeichnerischen Bildaufbaus solche vexierenden Zweit-Bilder Schritt für Schritt mit eingearbeitet hat. [Hier sei noch einmal auf eines seiner letzten Werke verwiesen, die unvollendete Mühlen-Druckgrafik von 1983.] Wer sich auf dieses Schönfeldsche Vexierspiel einlassen möchte, dem seien Wolken, Laubkronen, Baumgruppierungen, Blumenstilleben für erste Seh-Versuche empfohlen.    

 

 

 

 

 

 

 

 

 

                                                                                                              

                                                                                             Nr. 28     Mühle in Ostfriesland ( Aquarell )35 x 50

Erich Schönfeld spielt mit den unterschiedlichsten Nuancen der Komplementärfarben Rot und Grün und setzt Blau-Akzente, die den Bildvordergrund mit dessen Hintergrund verbinden. Er setzt klar konturierte geometrische Flächen und Linien gegen sanft strukturierte Farbflächen mit fließenden Übergängen. Er schafft eine zeichnerisch und malerisch anregende Augenweide.

Es ist auch richtig, dass Erich Schönfeld im Goldenen Schnitt eine architektonisch beeindruckende Mühle errichtet hat, in einer ostfriesischen Landschaft, die in ihrer leicht melancholischen Unbestimmtheit Raum lässt zum Mitphantasieren. Denn er hat sie nicht nur mit zwei Menschen bevölkert, – was selten bei Schönfeld-Landschaften ist -, sondern hat sie auch mit seinen eigenen Wesen belebt, die zwischen Farbflecken und Kontursegmenten irrlichternd erscheinen, mutieren, dem Mühlenbild wieder weichen ...  

 

 

 

 

 

 

 

 

 

 

                                                                                   

                                                                                  Nr. 29         Moulin de Lauvergnac in Clis-Guérande  bei Saint-Nazaire, Frankreich 1943 (Aquarell)

Wie einen Leuchtturm – hochaufragend auf solidem Grund – hat Erich Schönfeld die Moulin de Lauvergnac in die französische Landschaft gestellt. Allerdings hat er sie mit leicht lädierten Flügeln etwas außerhalb des Goldenen Schnitts platziert. Und die beiden flachen Wirtschaftsgebäude scheinen – fast labil – auf abschüssiger Böschung angeordnet. Wolkiger Dunst dämpft das Himmelsblau. Sommerlich grüne Streifen rahmen den diagonal aufsteigenden Bereich, der mit warmen Ocker-Rot-Braun-Gelb-Tönen ein ländliches Idyll vortäuscht.  Das ist der typisch gefällige, weil nur flüchtig oberflächlich wahrgenommene Schönfeld.

Der seriöse Betrachter folgt dem unerbittlich abwärts weisenden Flügelpaar, das wie eine tödlich drohende Lanze auf das Herz des sterbenden Kriegers zielt, dessen Körper schon fast verwesend sich in faulendem Unkraut zersetzt.

Und von solcherart gestörtem Idyll aufgeschreckt, wird der aufmerksame Betrachter noch eine Vielzahl weiterer Schönfeldscher Bild-in-Bild-Graffiti entdecken, die das scheinbare Idyll engagiert kritisch kommentieren, nahezu dekonstruieren.

Historisch: 1942 war Erich Schönfeld als Kartograph bei Saint-Nazaire stationiert. Rund 20km nördlich davon befand sich in Clis-Guérande ein wichtiger Beobachtungsposten der deutschen Wehrmacht. 1943 wurde Schönfeld in den Süden der Niederlande verlegt. 1944 wurde die Moulin de Lauvergnac von deutschen Truppen zerstört; zwischen Büschen verborgen, existiert heute nur noch ein gut 1m hoher Torso des Granitrumpfes.

 

 

 

 

 

 

 

 

 

                                                                   

                                                           Nr.30   Veluwe, Niederlande, 1943 (Aquarell)  Schäfer mit seinen Schafen in der Veluwe

 

Birken, Wacholder, Busch und Wald, Heide, wohlig wollige Schafherde, bärtiger Schäfer, gelb-rosige Kumuluswolken, Einsamkeit: Hermann Löns und heile Welt lassen grüßen.Zwar spiegeln düstere Ocker-Grün-Blau-Töne und manch kantige Formen den herben Hauch der Wald- und Heidelandschaft der Veluwe wider; dennoch wird der flüchtig oberflächliche Betrachter dieses Aquarell voreilig in der falschen Schublade „Sofa-Bild“ ablegen. Doch – wie allzu oft auch in vordergründigen Rezensionen – hat jener Zeitgenosse sich nicht in Schönfelds Aquarell seriös eingesehen. Erich Schönfeld wurde 1939 mit Beginn des 2. Weltkriegs eingezogen und war später als Kartograf in Frankreich und den Niederlanden  stationiert. In diesem Aquarell gestaltet der Künstler eine nur vordergründig friedvolle Welt mitten im 2. Weltkrieg.

Bedrohlich wirken die schwefligen Wolkenformationen; die Oliv- und Erdtöne der Bäume am Horizont wirken wie militärische Camouflage. Der aufmerksame Betrachter entdeckt im Dickicht des nahen Waldes schemenhaft wohlgetarnte und unheimlich bedrohliche Gestalten:

Nederlands verzet in de Tweede Wereldoorlog“ – der niederländische Widerstand im 2. Weltkrieg schien in den ersten Kriegsjahren wenig effektiv. Aber gerade in dieser Gegend, dem Gelderland, verbündete sich die niederländische Widerstandsbewegung Ende September 1944 mit den fast 40 000 alliierten Luftlande- und Bodentruppen in der Operation „Market Garden“, die in der Schlacht um die Brücke von Arnheim gipfelte.

 

 

 

 

 

                                                              

                                                                         Nr.31   Die Renkumse Mühle von 1858 im Mondschein  ( 1942 Öl auf Hartfaser )

Auch Erich Schönfeld wurde im 2. Weltkrieg eingezogen. Nach seiner Stationierung an der französischen Atlantikküste wurde er in die Niederlande beordert.

In Renkum [unweit von Arnhem] taucht Schönfeld 1942 diesen Galerieholländer in ein gespenstisch fahles Mondlicht. Die kahlen Äste spießen leblos in den zerfetzten Nachthimmel. Kalte Grüntöne dämpfen Gebüsch und Gras. Der Schlossturm von Doorwerth verschwimmt am Horizont.Allein die Mühle ragt solide empor; das Flügelkreuz scheint wie beschwörend, aber ohnmächtig gegen die Bedrohung in dieser Bildwelt gerichtet.

Schönfeld-Kenner finden auch in diesem Gemälde Bild-in-Bild-Graffiti, die einen stark biografischen Bezug haben: Der Besatzungssoldat Erich Schönfeld und die Krankenschwester Klaziena Hoeksema aus Groningen lernen sich im nahen Schloss Doorwerth kennen und lieben und heiraten. Inmitten der Weltkriegskatastrophe ist es eine höchst bedrohliche Situation für Beide: einsam in einer kalten lebensfeindlichen Welt.

Historie: Am 17. September begann im niederländischen Gelderland die militärische Operation „Market Garden“ der Alliierten. Fast 40 000 Fallschirmjäger, unterstützt von Panzerverbänden, sollten die hier stationierten Wehrmachtsverbände überwinden, um die Rheinbrücke bei Arnheim und letztlich das Ruhrgebiet zu erreichen.

Bei diesen Kämpfen wurde die Renkumse Molen – in der im Krieg „schwarz“ gemahlen wurde, die als Luftschutzraum und Zielpunkt diente , - schwer beschädigt; 1945 wurden die Flügelreste demontiert. 1988 wurde die Mühle unter Denkmalsschutz gestellt, 2004 als kulturelles Erbe und Nationalsdenkmal registriert: „toegevoegd aan het Rijksmonumentenregistervan de Rijksdienst voor het Cultureel Erfgoed.“ Seit 2014 ist die Mühle wieder voll funktionsfähig restauriert.

 

 

 

 

 

 

 

                                                                     

                                                                                      Nr. 32  Spakenburg, Niederlande 1960 (Öl auf Leinwand )

 

 

 

 

 

 

 

 

 

 

                                                                                 

                                                                                            Nr. 33   Spakenburg, Niederlande 1943 ( Öl auf Leinwand )

 

 

 

 

 

 

 

 

 

 

                                                                                                     

                                                                                                                   Nr. 34  Spakenburg, Niederlande 1945 ( Pastell)

 

 

 

 

 

 

 

 

 

                                                                                   

                                                                                               Nr. 35  Spakenburg, Niederlande 1945 ( Federzeichnung )

Die Tjalken liegen dicht gedrängt am Kai. Die Fischer mögen vom Fang zurückgekehrt sein. Einige Positionslampen leuchten wie Signallichter, sie machen die düsteren Silhouetten der Takelage noch gespenstischer. Die finsteren Häusergiebel bilden eine bedrohliche Wand mit geisterhaft schwach erleuchteten Fenstern. Das spärliche Mondlicht vom wolkenverhangenen Nachthimmel verstärkt die schattigen Umrisse statt zu erhellen. Die gebrochen dunklen Farbtöne tragen diese mysteriös unheimliche Atmosphäre.Ein wenig erleichtert wendet sich der Betrachter dem dritten Bild zu, das vieles auch nur ahnen lässt, aber mit dem bläulich kalten Mondlicht der Phantsie bei der Orientierung  ein wenig hilft.

Drei eindrucksvolle Szenerien, die – ohne direkten Bezug – die Kriegsbedrohungen für Bevölkerung und Besatzungssoldaten damals in den Niederlanden bedrückend ahnen lassen.1945 der Kriegswahnsinn ist beendet. Viel eindrucksvoller als jede pompöse Siegesfeier gibt diese Szene die Erleichterung wieder: Friedliche Menschen, die wieder ihren Alltag leben können, finden sich im Vordergrund der Realität. Menschen begegnen sich vor ihren einladenden, offenen Häusern an der Oude Schans und der Nieuwe Schans. Ihre zivilen tradierten Alltagstrachten lassen keinen Platz mehr für Kriegsuniformen. Die Plattbodenschiffe, die ‚Botters‘, verteilen sich locker über den ganzen Hafen. Am Himmel ist kein Platz mehr für bedrohlich düster zerrissene Wolken. Es ist Friede.

Spakenburg liegt am Eemmeer, einem Randsee des Ijsselmeeres, südöstlich von Amsterdam in der Provinz Utrecht. Der Ort ist auch gegenwärtig noch stark konservativ geprägt – in seiner religiösen Ausrichtung und auch bei der Bewahrung spezifischer Trachten. Um 1900 noch war Spakenburg Heimathafen für eine Flotte von über 200 Plattbodenschiffen.

 

 

 

 

 

 

 

 

 

 

 

                                             

                                                                 Nr. 35 a Der Heimkehrer 1969 ( Öl auf Leinwand ) 95 x 155

 

 

 

 

 

 

 

 

 

 

 

 

 

 

 

 

 

                                                                      

                                                                                        Nr. 36  Sautrift, 1949 ( Aquarell )

Fotografie bewährte sich ein Jahrhundert als relativ verlässliches Medium, eigene Sehgewohnheiten zu überprüfen, zu korrigieren und zu erweitern. Bei den gegenwärtigen digitalen Bearbeitungsmöglichkeiten von Fotodateien ist zunehmendes Misstrauen hinsichtlich der auf Fotos abgegbildeten Realität angebracht.

Vielleicht kann das auch ein Motiv sein, sich [wieder] der abbildenden bildenden Kunst zuzuwenden, sofern sie nicht vorgibt, realistisch-naturalistisch zu kopieren.

Erich Schönfeld hat bei aller gestalterischen Meisterschaft dies sicherlich nie angestrebt. Und um sich selbst dessen stets sicher zu sein, hat er auch sehr realistisch wirkende Werke mit versteckten vexierenden surrealen Bildelementen zu künstlichen Werken relativiert- so auch in diesem Aquarell.

Bei der Betrachtung dieser Sautrift im tiefsten Winter wird augenscheinlich, wie wenig farblich eintönig eine verschneite Landschaft ist, wie vielfarbig Weiß erscheinen kann. Quasi-prismatisch hat Schönfeld das Weiß in seine Bestandteile zerlegt und aufbereitet. Vielleicht können solche Einsichten unsere Ansichten der realen verschneiten Außenwelt verändern.

Die weiße Verhüllung und Überformung reduziert Wahrgenommenes auf das Wesentliche. Dann werden auch die „Schwarzkittel“ zu einem tierfreundlichen Augenschmaus.

 

 

 

 

 

 

 

                                                            

                                                                                                   Nr. 37   Winter in der Veluwe 1966 ( Öl auf Leinwand )

Es scheint fast ein Wettstreit zu sein zwischen dem Zeichner und dem Maler Erich Schönfeld. Dramatisch bewegte Verzweigungen entwickelt er so  meisterlich aus dem krüppeligen Stangenholz, dass sie zum absoluten Blickfang werden. Die scheinbar verwirrende Vielfalt der unzähligen Verästelungen strukturiert der Künstler aber zu einem luftigen und letztlich geordneten Ensemble mit erstaunlicher Tiefenwirkung.

Soweit wäre es schon für sich ein gelungenes Bild. Aber der Maler Schönfeld weiß die Bildwirkung noch zu steigern. Er belegt das kahle Gebüsch mit volumensteigerndem Schnee. Als Überleitung nutzt er den auf dem Boden liegenden Stamm und kann nun ein leicht welliges Flussufer gestalten. Dabei verteilt er den Schnee nur sparsam, um gedämpft grün-blaue Farbflächen ausbreiten zu können. Damit trennt er kontrastierend Vorder- und Hintergrund seiner Komposition.

Mit düsteren Farben baut er einen kompakten Hintergrund aus Waldsaum und Unwetterwolken auf, deren Bedrohlichkeit noch durch schwach orangefarbene Aufhellungen erhöht wird.

Eine Bildempfehlung für jene, die Erich Schönfeld fälschlich in der  Schöne-Landschafts-Malerei-Schublade verstaut haben. Und eine Einladung, auf der Homepage einen Blick auf die Vielfalt seines Werkes zu werfen.    

 

 

 

 

 

 

 

 

 

                                                                          

                                                                                         Nr. 38    Dachse im Wald nach Fritz Laube 1960 ( Aquarell )

 

 

 

 

 

 

 

 

 

 

                                                                                      

                                                                                          Nr. 39  Moorlandschaft bei Friesoythe 1947  ( Öl auf Papier )

Marsch, Geest und Moor prägen die Landschaft in der Umgebung des ostfriesischen Leer, Erich Schönfelds neuer Nachkriegsheimat. Mühsam, aber zielstrebig – zu Fuß und per Fahrrad – erkundete der Künstler Ostfriesland und das Emsland, gab seinen neu gewonnenen Eindrücken bildnerischen Ausdruck. Und in diesem Fall war der entwurzelte Berliner Akademiemaler so beeindruckt von dem fremdartigen Moor, dass er sich von Torfarbeitern Packpapier auslieh und höchst spontan diese Landschafts-Impression gestaltete.

Mit akzentuierten Konturen, Hell-Dunkel-Kontrasten, unruhigen und abrupten Formen, überraschenden Farbtönen und dynamisch breitem Pinselduktus schafft der Künstler ein Bild von herber Attraktivität mit phantasie-anregender Wolkenlandschaft und einer tückischen Moorlandschaft, in der das Auge des Betrachters zwischen gegenständlicher Orientierung und expressionistisch formauflösender Abstraktion umherwandert.

„O, schaurig ist‘s, übers Moor zu gehen“ - Gespenstische Bedrohlichkeiten schildert Annette von Droste-Hülshoff (1797-1848) poetisch mit Worten, während Erich Schönfeld sie mit Farben phantasievoll in der stillen Moorlandschaft versteckt.

 

 

 

 

 

 

 

                                                                       

                                                                      

                                                                            Nr. 40  Moorlandschaft bei Friesoythe 1948 ( Öl auf Leinwand )

Farblich und strukturell ist eine Moorlandschaft bei flüchtiger Betrachtung relativ monoton. Erich Schönfeld steigert die Farbwirkung, indem er karg bewachsene Flächen zu größeren Farbfeldern zusammenfasst und durch kontrastierende dunklere, schmale Vegetationsstreifen einrahmt und dadurch akzentuiert. Durch zentralperspektivische Ausrichtung dieser Streifen gibt er der Moorlandschaft eine gesteigerte räumliche Tiefenwirkung.

Die Strukturierung der Wolkenlandschaft richtet sich ebenfalls nach dem leicht nach links verschobenen Fluchtpunkt aus, so dass die gesamte Bildkomposition – unterstützt durch Sonnenlicht-Aufhellungen – sich fast in einer Rechts-Links-Bewegung auf den Fluchtpunkt hin zu befinden scheint.

Bildersequenzen von jeweils demselben Motiv hat Erich Schönfeld öfter verwirklicht und dabei so kunstvoll mit Inszenierung und Ausgestaltung gespielt, dass der Betrachter [wie bei einer gelungenen musikalischen Variation über ein Thema] verblüfft zwischen Wiedererkennen und Neuentdecken hin- und her spaziert. 

 

 

 

 

                                                                                

                                                                                  Nr. 41  Moorlandschaft bei Friesoythe 1949  ( Aquarell )

Finster grün-braun-violett schiebt sich aufgerissener Torfboden von der untersten rechten Bildecke diagonal zum linken Horizont, wo eine schüttere Busch- und Baumreihe in schattigem Dunkelgrün spitzwinklig den Horizont in einer Gegenbewegung markiert. Ein überraschend leuchtend hellgrüner Streifen setzt die Bewegung fort und führt – gleichsam durch Sonnenlich geleitet - zu einer kompakten Busch- und Baumgruppe am rechten Bildrand. Erich Schönfeld gibt damit einer monoton beigefarbenen Ebene, die unter dunstigem Bodennebel verborgen scheint, einen poetischen Rahmen, der sich zum rechten Bildrand öffnet.

Die schmuddelig graue Unterseite einer dicken Cumuluswolke hängt schattenwerfend am oberen Bildrand. Mit hoffnungsfrohem Blick auf die fernere vielgestaltige aufgehellte Wolkenlandschaft und immer lichteres Himmelsblau mag der Betrachter davon überzeugt sein, dass sich das sonnigere Wetter von jenseits des Horizonts durchsetzen, Wärme und Licht über dem Moor ausbreiten und den Dunstschleier heben mag.

Manche der Schönfeld-Bilder lassen sich umfassender würdigen, wenn man sie quasi auch als ein Stilleben wahrnimmt und ihre bildnerische Fixierung phantasievoll durch ein imaginiertes Davor und Danach erweitert. Bildaufbau, Strukturierung und Farbwirkung dieses Bildes fördern die Vorstellung von solch zeitlicher Abfolge.

 

 

 

 

                                                                                          

                                                                                                  Nr.42  Mammutpflug  um 1950  ( Aquarell )

 

Sperrig durchschneidet eine verschmutzte Maschine diagonal Zweidrittel des Schönfeld-Aquarells. Kantige Speichen im wuchtigen 4m hohen Furchenrad, mächtige gewölbte Pflugschare, genietete Stahlverbindungen, Rohre, Gestänge, Kette – gewaltige Technik bricht in die menschenleere Niedermoorlandschaft ein:

Der Mammutpflug, gezogen von 1000 PS-starken Dampfmobilen, reißt Sand aus fast 2,5m Tiefe hoch, vermischt ihn mit Torf, löscht Natur, begründet Kultur. Erich Schönfeld, der Plein-Air-Maler, gestaltet diesen dramatischen Umbruch geradezu lakonisch, indem er uns mit dem harmlos ruhenden Monstrum den freien Blick auf die [noch unversehrte] Natur versperrt.  Anfang der 1950er Jahre wurde Schönfeld Zeuge der Umsetzung des „Emslandplanes“ in Klostermoor.

Mit seinen „doppelschichtigen“ Bild-in-Bild-Graffiti kommentiert Erich Schönfeld die dargestellte Realität kritisch – allerdings subversiv und nur für aufmerksame Betrachter

 

 

 

 

 

 

 

 

 

                                                                                  

                                                                                       Nr. 43  Flusslandschaft in Holland 1970

In rosa, gelben Tupfen spiegeln sich Schönwetterwolken auf dem abendlich ruhigen Wasser. Seerosenblätter, verschattete grüne Uferstreifen mit üppigem Bewuchs lenken kontrastierend den Blick auf die Horizontlinie, wo goldgelbe Baumwipfel die Bühne bilden für ein beschwingtes Tutu-farbenes Wolkenballett. Fast könnte man meinen, es sei grazil und heiter beseelt aus einem Nolde-Gemälde herbeigeweht. Beseelt – in der Tat. Beseelt hat Erich Schönfeld all seine Werke – nicht nur künstlerisch immateriell -, sondern auch sichtbar materiell.

„Ich bin mit meiner ganzen Seele in der naturalistischen Erscheinung der Natur verwurzelt. ... Ich danke jeden Tag dem Schöpfer, daß er mir Augen gegeben hat, seine geheimnisvolle Natur in ihrer Schönheit und Wahrheit zu empfinden. ... Das größte Geschenk, das der Herrgott einem Menschen geben kann, ist – die Augen zu öffnen für seine herrliche Welt. ...“

[aus: Erich Schönfelds autobiografischen Notizen, die er 1979 als 75jähriger zur Vorbereitung für einen VHS-Diavortrag verfaßt hat.]

 

 

 

 

 

 

 

 

 

 

 

                                                                                     

                                                                                                  Nr. 44  Kornernte 1980  (Öl auf Leinwand )

Die bildbeherrschenden oberen Zweidrittel dieser Schönfeld-Komposition werden von einer schwefelfarbenen dichten und weitgehend amorphen Wolkendecke eingenommen, die unheilvoll ein heftiges Gewitter ankündigt. Aufkommender Sturm scheint kugeliges Gebüsch niederzudrücken und eine finster grüne Baumgruppe über giftgrünem Kraut seitwärts zu beugen.  Bedrängt von groben Naturgewalten mühen sich Bauersleute im schmalen Bildvordergrund bei harter Erntearbeit: schneiden den Roggen mit der Sense, binden die Halme zu Garben, stellen diese auf zu Hocken.

Auch sie Getriebene des Unwetters, das das reife Getreide auf dem Halm niederwalzen wird, die Hocken durchnässen, verderben wird. Sie haben keinen Blick für eine angebliche ländliche Idylle, sie kämpfen gesichtslos für ihre Existenz.

Mag man Erich Schönfelds Gemälde dem Naturalismus, gar Realismus zuordnen. Wie auch immer – hat der Künstler [eine inzwischen eliminierte] Realität eindrucksvoll gestaltet.

 

 

 

 

 

 

 

 

 

 

                                                                                                      

                                                                                                               Nr. 45  Borkum 1970   ( Aquarell )

Die Sandwälle der mächtigen Sandburgen werden auf diesem Urlaubsaquarell zu wogenden Sandwellen. Ein nostalgischer Anblick für ältere Inselurlauber, ein Zeitzeugnis für Kulturhistoriker; denn heutzutage ist die schweißtreibende Urlaubsarbeit an solch monumentalen Burgen – oft mit Muschel-Dekor zu vergänglichen Kunstwerken stilisiert – verboten.  Wie ein Leuchtturm ragt das eckige Strandzelt – eine Borkumer Spezialität – strahlend auf, sein Schattenwurf wirkt wie ein solider Fundamentsockel und seine imaginierten Strahlen lenken den Blick des Betrachters über buntgestreifte Strandzelte inmitten der Sandwellen hinaus auf die blauen Meereswogen mit weißen Gischtkämmen und die weißen Quellwolen am blauen Himmel.

Sommerurlaub auf Borkum genießt auch Erich Schönfelds Ehefrau Klaziena im Liegestuhl. Künstlerische Urlaubs-Narrenfreiheit scheinen auch Schönfelds vielgestaltige Klabautermänner und Kobolde im Verborgenen auszukosten.

 

 

 

                                                                                                                            

                                                                

                                                                                                                     Nr. 45 a  Dünen auf  Jüst 1964 ( Gouache Malerei)

 

                                         ... es ist an sich ein heiteres Bild, das Ruhe schöpft aus den sandigen Dünen, die durch den breitblättrigen [Strandhafer-]Bewuchs sediert sind –

                                         und durch die heiteren Wolkenspiele – diese natürliche Gelassenheit wird verstärkt durch den kontrastierenden intensiven Meeres-Himmels-Horizont –

                                         der diagonal aufwärts geneigte Sandweg gibt dem Betrachter die Gewissheit, dass die bedrohliche Unwetterzone abzieht, hinter dem Horizont verschwinden wird –

                                         keine träge, eher eine zuversichtlich erwartungsvolle Ruhe

 

                                                                                      

                                                                                                                 

 

 

 

 

 

 

 

                                                                                                                                       

                                                                                                Nr. 46   Eingangstor der Haneburg in Leer 1970 ( Öl auf Hartfaser )

Mitten in das Bild setz


                                                                                                                                                                                                                                                                                                    

                                                                                               Erich Schönfeld bei der Arbeit vorm Haneburgtor in Leer 1970

 

 

 

 

 

 

 

 

                                                                                      

                                                                                                   Nr. 47  Altstadt Leer 1948, verschneite Dächer( Öl auf Leinwand)

Durch seine Stationierung in den Niederlanden beeinflussten die holländischen Maler des 17. Jahrhunderts zunehmend seinen Malstil. In dem Bild „Verschneite Dächer von Alt-Leer" ist der Einfluss Pieter Breugels unverkennbar. Schönfeld liebte die Werke von Rembrandt und Franz Hals und schätzte die Niederländer des 17. Jahrhunderts sehr. Das hier wiedergegebene Ölbild, das der Künstler 1948 malte, zeigt die Altstadt von Leer mit dem Borromäushospital im Hintergrund. Die leicht melancholische Stimmung, die für das winterliche Ostfriesland typisch ist, hat der Maler hier meisterhaft eingefangen.

 

 

 

 

 

                                                                                

                                                                                            Nr. 48  Altstadt Leer  1978 verschneite Dächer ( Öl auf Leinwand )

Eine verschneite [Stadt-]Landschaft wirkt auf den ersten Blick weitgehend monochrom. Da braucht das Auge des Betrachters besondere Anreize: Formen und Konturen beleben eine Bildkomposition wie unterschiedliche Dachformen, -längen, -neigungen mit akzentuierenden Schornsteinen und Häusergiebel in verschiedenen Ausrichtungen und Formen. Die graphische Auflockerung schaffen kahle astreiche Bäume.  Und dann wird der Betrachter – quasi mit den Augen des Freilichtmalers Erich Schönfeld – entdecken, wie viele Farben der norddeutsche Winter hat:

Im Kontrast mit der Schneefläche intensiviert sich die gedämpfte Farbigkeit der Hauswände, bekommt selbst die schneebeladene Wolkendecke unerwartete Farbigkeit. Die beschneiten und überfrorenen kahlen grauen Bäume erhalten einen zauberhaften Blauschimmer. Angetaut ist der Schnee auf den Dächern, breit getreten auf dem Weg, lückig auf den Beeten. Überall brechen erdige Farbtöne auf, mitten im Winter. Und auch Schönfelds Vexier-Wesen liegen nicht im Winterschlaf.

Dreißig Jahre nach der ersten Version dieses Motivs fertigt Erich Schönfeld eine neu gestaltete Kopie. Es sind Feinheiten, die in der Summe aus der Kopie aber ein eigenständiges Bildwerk machen: Die blickversperrenden widerspenstigen Bäume hat er durchgeforstet und zurückgeschnitten, gibt ihnen eine bläulich schimmernde Leichtigkeit. Die blickeinengenden Giebel im Vordergrund – wie auch die Häuserwände insgesamt - erhalten ein helleres Rotbraun. Der Blick nach rechts in die Siedlung ist erweitert, das Schieferdach des Ubbo-Emmius-Gymnasiums leuchtet hellbläulich. Die Schneeflächen sind aufgehellt und farbig durchbrochen. ... Der Künstler ist in seiner neuen Heimatstadt Leer angekommen und aufgenommen.

 

 

 

 

 

 

 

 

                                                                         

                                                                                   Nr.49 Hans Braf`s Garten 1946  (Aquarell)  40 x 50

 

 

 

 

 

 

 

 

                                                                     

                                                                  Nr.49a  Altstadt Leer,  Hans Braf`s Garten 1947 ( Aquarell )  35 x 50

Mit diesem Aquarell mutet Erich Schönfeld manchem Betrachter optisch einiges zu und dürfte manchen Kritiker irritieren, der Schönfelds Werk schon sicher in der Schublade „Realismus“ und „Naturalismus“ verpackt zu haben schien. Hänschen Brafs Hausdächer könnten noch ein wenig diese Qualifizierung stützen. Aber schon die Wäscheleine will dem desorientierten Kunstkritiker keinen rechten Argumentationshalt mehr geben.

Die Silhouetten der Wäschestücke können den Farbenfluss kaum noch halten. Und die Blütenstauden, das Laubwerk der Büsche und der Efeuwuchs wirbeln endgültig starre Sehgewohnheiten durcheinander wie ein betörender Föhn. Wer sich phantasievoll beschwingt in Schönfelds Farben-Paradies wagt, wird Geheimnisvolles entdecken: in diesem Aquarell und in alltäglicher Realität. „Es gibt mehr Ding‘ im Himmel und auf Erden, als Eure Schulweisheit sich träumt.“ [Hamlet]

 

 

 

 

 

 

 

 

 

 

 

 

                                                  

                                                                                Nr. 49b      Hans  Braf`s Garten 1949/50 (Aquarell) 40 x 60

 

 

 

 

 

                                                                                                         

                                                                                                 Nr.49c  Lupinen-Blütenfeld 1950 (Auqarell ) 50 x 30

Aus dunklem Ackerboden zwischen vielfingrigen lanzettartigen Laubblättern strecken sich in saftigem Gelb-Grün fleischige Stengel, kaum verzweigt, einem fahlgelb bewölkten Himmel entgegen. Das Raster der gestaffelten Blütenrosetten löst sich auf in einer pointillistisch gestalteten Farbfläche. Diese üppige Vegetation duldet nur einen sanft aquarellierenden Pinselduktus, der den Blick von vordergründiger differenzierter Struktur hineinlockt in die geheimnisvoll unergründlich tiefe Fülle pflanzlicher Vitalität.

Über Zweidrittel des Bildes breitet sich Lupinus luteus, die gelbe Lupine, meterhoch wie eine zauberhaft blühende Hecke vor dem Betrachter aus und ergießt sich in einem gelblichgrün wogenden Blütenmeer bis an den fernen schmalen düstergrünen Horizont, scheint ihn bald zu überfluten. Sogar die flüchtigen Wolkenbänke färben sich im Widerschein einer endlos monochromen Landschaft, in der Menschen und menschliche Maße keinen Platz haben.

Analysierende Betrachtungen über die meisterlich differenzierende Ausreizung einer höchst diszipliniert begrenzten Farbpalette sollten die meditativ poetische Anmutung dieses Gemäldes nicht stören.

 

 

 

 

 

 

                                                                      

                                                                                            Nr. 50  Groningen, Kühe im Stall  1950 ( Aquarell )

Mit dem Mut der Liebe hatte sich der eingezogene Wehrmachtssoldat Erich Schönfeld 1943 das erste Mal auf den Hof der Hoeksemas in Groningen, in den besetzten Niederlanden, friedfertig gewagt. Der Berliner Großstadtmensch mit erfolgreicher Künstlerkarriere wurde konfrontiert mit ländlich bodenständigen selbstbewussten Holländern, mit deren Tochter er sich verlobt hatte. Symbolhaft für eine solche Situation mag dieses Schönfeld-Aquarell stehen. 

Gegenständlich sind alle Schönfeld-Werke; sie bieten auf den ersten Blick reichliche, wohltuende Augenweide. Mit dem zweiten Blick genießen Betrachter Farbenspiele im Wortsinn: Schönfeld spielt souverän mit den Möglichkeiten seiner Farbpalette, variiert, nuanciert. Es istlohnend, sich – völlig losgelöst von den dargestellten Gegenständen und sinnenfreudig – auf seine Farbenwelten einzulassen.

Neugierig geworden wird der Betrachter auf einer dritten Ebene Chiffren in Form der Bild-in-Bild-Graffiti entdecken, die – weil unerwartet – zunächst wie bei einem Vexierbild verblüffen. Bei geduldiger Betrachtung aber erschließen sich rätselhafte mythisch-mysteriöse und höchst persönliche, verschlüsselte Kleinbilder. In ihrem Zusammenwirken zaubern sie eine Bildwelt, die vom offensichtlich vordergründigen Bildmotiv unabhägig und vexierend wirkt, aber in die Gesamtkomposition  eingebunden bleibt.

Im Endergebnis: surnaturel, surrealistisch. Denn die scheinbar so eindeutig und klar definierte naturalistische Heile-Welt-Gegenständlichkeit des jeweiligen Schönfeld-Werkes wird durch solchehintergründige Raffinesse des Künstlers in Frage gestellt, ironisch kommentiert, brüchig.

 

 

 

 

 

 

 

 

 

                                                                                      

                                                                                            Nr. 51    Ostfriesland im Winter 1950 ( Linolschnitt )

Dieser Linoldruck lebt von den klaren Schwarz-Weiß-Kontrasten, die die Baumstämme und Äste grob und fast gespenstisch gegen den schneeverwirbelten Himmel herausheben. Zahllose kunstvoll geschnittene feinste Linien lassen Millionen zarte Eiskristalle wie eine massive Wand auf die erstarrte Landschaft herabstürzen. Noch sind Zäune, Mühle, Hausdächer und schneebeladene Pflanzenstauden klar konturiert zu erkennen, ehe der unheilvolle Schneesturm urgewaltig alle Konturen in grau-weißer Dunkelheit verschlucken wird.

 

 

 

 

 

 

 

 

 

 

 

                                                                       

                                                                                    Nr.51a  Friesenhaus unvollendet , Leer Blinke 40( Bleistift )

 

Unvollendete Werke in der bildenden Kunst haben den Reiz, eventuell einen Eindruck vom Schaffensprozess zu vermitteln.  Erich Schönfeld hat offensichtlich die Gesamtkomposition in Umrissen skizziert, bevor er sich an die Ausführung machte. Von links aus gestaltet er die Skizze zum fertigen Bild. Dabei scheint er jeweils Bildabschnitte als Einheit zu betrachten, die er für sich weitgehend und bis ins Detail abschließt, ehe er einen weiteren Abschnitt ausarbeitet. 

Bei einigen markanten bildstrukturierenden Elementen [wie Bäume, Schornstein, zum Teil der Zaun und die Fensterfront] scheint er um der Gesamtkomposition willen von dem schrittweisen Vorgehen abzuweichen. Zum Vergleich mag man die unvollendete Druckgraphik von der Mühle aus seinem letzten Lebensjahr, 1983, heranziehen.

In beiden Werken lässt sich beobachten, dass er seine surrealen Wesen von Anfang an und parallel zum jeweiligen Arbeitsfortschritt organisch in seine Werke integriert.

 

 

 

 

 

 

 

 

 

 

                                                   

                                                                       Nr.51b                            Alt Leer 1948 ( Bleistift )

„Alls anners worn“ – mit dieser Serie über das Leer von anno dunnemals begeisterte die Ostfriesen Zeitung jahrelang ihre Leser. Und auch andere Medien sind erfolgreich mit geschichtlichen Rückblicken: History.  Erich Schönfeld zeichnet mit treffend sparsamen Bleistiftstrichen ein Panorama des ländlichen Leer vor 66 Jahren. Menschen, die ihre „kleine Stadt“ damals schon bewusst erlebt haben, sind nunmehr in hohem Alter und werden mehr auf diesem Bild erkennen als die beiden Kirchtürme, den Rathausturm und die Fabriken.

Dem Uneingeweihten aber bleibt der ästhetische Genuss: Schloot, Zaun mit Kühen, Weg, Häuserreihung strukturieren die Fläche in bewegter, aber nicht aufgeregter Weise horizontal und vermitteln etwas von der kleinstädtischen Geruhsamkeit. Baumgruppen, Fabrikgebäude und  -  schornsteine zusammen mit den drei Türmen bringen einen leicht konträren Zug in die Vertikale des Bildes, der aber durch ruhig dahinziehende Wolkenbänke aufgefangen wird. Reizvoll sind auch die stellenweisen Akzentuierungen durch einen verstärkten und druckvollen Bleistiftstrich.

Der Neu-Leeraner Erich Schönfeld hat sich in  rund vierzig Jahren - einem halben Leben – seine neue Heimat durch viele meisterliche Werke  erzeichnet und ermalt, dort stets aber auch seinen eigenwillig geheimnisvollen Rätselwesen eine bleibende Kunst-Heimat geschaffen.

 

 

 

 

 

 

 

 

 

 

 

                                                                                                    

                                                                                        Nr. 51c Altstadt Leer, am Plytenberg 1948 ( Bleistift )

Oben auf dem Plytenberg [mit 9,5 m Ostfrieslands höchster Berg] schaut Erich Schönfeld – ein wenig wie Faust beim „Osterspaziergang“ – hinaus nach Osten auf die Leeraner Altstadt. Der nach Fronteinsatz und Gefangenschaft nach Leer verschlagene Berliner Künstler nähert sich behutsam seiner neuen Heimat: hier, 1948, von einem entfernteren Standpunkt als 1946 bei seinem Ölgemälde „Verschneite Dächer, Altstadt Leer“, jedes Mal aber aus der Luftperspektive, als wolle sich Schönfeld einen orientierenden Überblick verschaffen.

Mit Kohle modelliert der meisterliche Grafiker differenziert Baum, Busch, Laubwerk und Zaun, schafft mit Lichteffekten, präziser Linienführung und Wischtechnik Tiefenwirkung und Intensität, nutzt die Bandbreite von Grau bis Anthrazit und die rauhe Struktur der Papieroberfläche.Zwischen der phantasie-reichen Kunst-Welt, die sich der mittellose Flüchtling und Künstler Erich Schönfeld erschafft, und der gesicherten realen Welt der Einheimischen liegen noch trennende Distanzen.

Deren Welt – heller und klarer gestaltet mit Graphit - ist wohlgefügt und voller Geborgenheit, weitgehend verschont geblieben von Weltkriegs-Zerstörungen. Der Turm der reformierten Großen Kirche ragt makellos himmelwärts. Aber zum kleinergehaltenen Lutherkirchturm bildet sich eine abwärts gerichtete Diagonalbwegegung, die durch das Geäst stark betont wird und symbolisch jahrhundertealte Differenzen illustriert, die nunmehr ökumenisch geglättet sind.

Den Plytenberg an der Ems dürfte sich Erich Schönfeld – nicht nur wegen der Perspektive – mit Bedacht gewählt haben, ist dieser Erdhügel doch seit Generationen höchst populär und mysteriös: Rodeln im Winter, Eiertrullern zu Ostern, sagenumwobenes Wikingergrab, prunkvolles unterirdisches Schloss der Erdmantjes. Für die nüchternen Archäologen ist es ein Ausguck aus dem 15. Jahrhundert für die damalige benachbarte Festung Leerort.

Auf jeden Fall ein besonderer Ort – befindet sich doch nur 200 Meter nordöstlich davon die Keimzelle der Stadt Leer: Der später heiliggesprochene und sehr erfolgreiche Missionar Liudger aus Utrecht veranlasste 791 n.Chr. hier in „Hleri“ einen ersten (Holz-)Kirchenbau, der um 1200 durch die erste ostfriesische Backsteinkirche mit zweischiffiger Krypta ersetzt wurde, die noch existiert. Nach der Reformation nutzten die Leeraner Reformierten diesen ehrwürdigen Bau der St. Liudgeri-Kirche, bis sie 1787 wegen dessen Baufälligkeit etwa 1000 Meter weiter östlich eben jene neue Kirche errichteten, deren hoher Turm den Bildhintergrund von Erich Schönfelds Zeichnung beherrscht.

 

 

 

 

                                                                 

 

                                                                               Nr. 52                    Julianenpark, Leer, um 1947   (Pastell)

Die Blicke des Betrachters müssen den heftig bewegten Linien einfach folgen, ziehen gedanklich Kohlestriche nach: lang durchgezogen, strichelnd, druckvoll tiefschwarz deckend, locker grau schattierend ... Erich Schönfeld erzielt meisterlich eine faszinierende Dynamik, der sich der Betrachter nicht entziehen kann.

Mit schwungvoll wilden Formen überzieht er das ganze Blatt, ordnet sie zu einer Fortissimo-Komposition, setzt zu beiden Seiten mit vertikal betonten Elementen Kontrapunkte.

Die rechte Kulisse für Schönfelds Waldgeister und die Phantasie des aufmerksamen Betrachters, der in der scheinbaren Farbmonotonie überraschende Details entdecken wird. Manch ein bildender Künstler, Fotograf und Filmregisseur schwört [wieder] auf die Magie des Schwarz-Weiß-Grau.

 

 

 

 

 

 

 

 

                                                                                      

 

                                                                 

                                                                                             Nr.53         Weide an der Leda 1966 (Aquarell )

Im Gesamtwerk Erich Schönfelds lassen sich etliche Motive finden, die den Künstler zu wiederholter variabler Gestaltung veranlasst haben. Solche Serien haben für den Betrachter einen besonderen Reiz, da er an ihnen augenscheinlich wahrnehmen kann, wie Schönfeld unterschiedliche grafische und malerische Techniken gestalterisch einsetzt, aber auch wie er mit identischer Technik unterschiedliche bildnerische Ergebnisse erzielt.

Weidenbäume bilden oft – als Folge von Kultivierung oder natürlichen Einwirkungen – bizarre Wuchsformen aus, die in der landschaftlich eher monotonen Marsch um so auffälliger wirken. Das Wirrwarr des natürlichen Vorbildes in eine ästhetisch gestaltete Abbildung zu übertragen, hat Schönfeld immer wieder gereizt, besonders – wenn der wuchtige Stamm in extrem labiler Schräglage, im durchnässten Boden unsicher verankert, den Gesetzen der Schwerkraft zu trotzen schien. Spannungsreich hat der Künstler die vitale Weide diagonal durch sein Bild gezogen und sie [dieses etwas platte Wortspiel sei gestattet] zur Augenweide kultiviert.

In diesem Aquarell fokussiert Schönfeld den Blick des Betrachters ganz auf den solitären Baum; Landschaft und Himmel werden zur verwischten Kulisse. Allein die relativ glatte Wasseroberfläche mit sparsamen, feinen wellengekräuselten Spiegelungen nutzt er als Kontrast zu der lastenden Wucht des bildbestimmenden Weidenbaums. Mit breiter kurz angesetzter Pinselführung formt Schönfeld eine kompakte aufwärts gerichte Laubkrone, die stellenweise mit dem Stamm verschmilzt. Mit den kahlen dunklen Ästen und Zweigen gestaltet er die wesentliche grafische Struktur, die der Bildkomposition den ordnenden Rhythmus verleiht.

 

 

 

 

                                                                                                                                                                              Nr.54 Weide an der Leda 1963  Aquarell   46 X 68 

Wie viel graziler entwirft Schönfeld – bei gleicher Aquarelltechnik – den Weidenkoloss in diesem Bild. Fast fiedrig leicht gliedert er die große Laubkrone in lichten Blau- und Grüntönungen und verbindet sie auf diese Weise malerisch-grafisch mit den linearen Elementen der Zweige und Äste, die er weniger kontrastiv herausarbeitet, sie stellenweise im Laub und Wasser gleichsam auflöst. Die Wasseroberfläche der Leda und den Uferbewuchs gestaltet er stimmig feingliedrig, während der übrige Landschaftsausschnitt und Himmel einen undifferenzierteren Rahmen bilden.  

 


 

 

 

 

 

 

 

 

                                                       

                                                                                                                           Nr. 55  Weide an der Leda

 

Eine gewaltige, gleichsam herausgemeißelte, tiefgefurchte Baumskulptur bestimmt dieses Ölgemälde. Der kräftige Stamm durchzieht diagonal und klar gliedernd die schier undurchdringliche Laubkrone, und die abwärts gerichteten vielgliedrigen Zweige und Äste scheinen – widernatürlich - dieses Monstrum von Weide im Wasser abzustützen. Aber die kolossale Stammbasis wird dieses Unikum noch lange, über Menschenalter hinweg und durch Stürme und Überflutungen sicher und vital tragen und im Marschenboden fest verwurzelt halten.

Das angelnde Menschlein scheint geborgen „im Schoße der Natur“ – aber es ist kein schön-gemaltes Natur-Idyll [wie mancher flüchtige Betrachter es in Schönfeld-Werken immer wieder geflissentlich zu finden hofft]. Es ist eher eine menschenferne ungezähmte Natur, in der Schönfelds Geisterwesen behauster sind.

Erich Schönfeld  hat den geld- und gold-gierigen Bauer Klaas Knieptang ins Bild gesetzt. Der wird gleich den sagenhaften goldenen Fisch, des „Dollartkönigs Sohn“, an der Angel haben, der ihm  in Todesnot den Zugang zu König Radbods unermesslichen Schätzen im Plytenberg in Leer  verraten wird, den die Erdmantjes [eine Art Leeraner Heinzelmännchen] unter ihrem König Sjurt  bewachen. Für Klaas Knieptang unsichtbar, taucht am unteren Bildrand eines dieser wieselflinken Eerdmantjes mit Zipfelmütze und Bart auf.

Albrecht Janssen (1886-1972) hat das Volksmärchen vom Wohl und Wehe des Geistervolkes der Eerdmantjes 1926 publiziert.